Rezension

Kreise ziehen

Der perfekte Kreis -

Der perfekte Kreis
von Benjamin Myers

Bewertet mit 5 Sternen

Mein erster Blick fiel auf den fast geschlossenen nicht ganz vollendeten goldenen Kreis des Einbandes. Die Seiten blätter(t)e ich gern um.
Auch wenn ich seinen Erstling (noch) nicht gelesen habe, verbinde ich mit dem Namen Myers Mythos und Melancholie.
Gern gehe ich nachts mit den beiden Haupthelden Calvert und Redbone auf Erkundung und Kreisgestaltung und lasse mich in den Sommer 1989 ins südliche England versetzen.
So durchstreife ich mit ihnen zehn verschiedene Landschaften und lausche ihren Dialogen. Selten habe ich die Natur so gefühlvoll und poetisch beschrieben gefunden. Während des Lesens tauchte ich immer wieder
in eine Art Sommerleuchten. Die Erlebnisse der Beiden sind ruhig und im Präsens erzählt und sehr bildhaft beschrieben. Mir zeigt sich eine Suche nach tiefer Wahrheit und Verbundenheit mit der Natur. Ihre Gedanken haben eine Reinheit und Klarheit, tragen aber auch eine Schwere in sich. Sie umkreisen stetig und wiederkehrend elementare Fragen des Menschseins. Ich spüre die Kraft einer Innerlichkeit, die aber auch das Offene scheut- der Anderwelt da draußen flieht.
Mir behagt, wie der Autor die Freundschaft dieser beiden Männer mit ihren doch ganz unterschiedlichen Erfahrungen und Herangehensweisen einbettet. Da ist sicher auch eine Sehnsucht nach tiefer Freundschaft erfasst und dargestellt, ein Verstehen im Anderssein. Viele wunderbare Wörter und Wendungen des Romans haben vielleicht in mir selbst einen kleinen feinen Herzenskreis gezeichnet.
Diese Lesereise war ein überaus anregendes aber zugleich auch anstrengendes Erlebnis für mich.