Rezension

Kuchen und Torten statt Liebe

Das Tortenprotokoll
von Marianne Jungmaier

Bewertet mit 5 Sternen

Friederike ist seinerzeit aus ihrem Heimatort nach Berlin geflüchtet. In ihrem Elternhaus geht man nicht liebevoll miteinander um. Der Tonfall ist knapp und überhaupt nicht herzlich. Daher hat sie sich bei der Großmutter immer wohlgefühlt, die Friederike gewähren ließ. Sie hatte dort viel Freiheit, aber geliebt fühlte sie sich dort auch nicht.

Als Friederike per Mail kurz und nüchtern mitgeteilt wird, dass die Großmutter gestorben ist, fährt sie zurück in das Dorf, mit dem sie keine angenehmen Erinnerungen verbindet. Ihre Eltern sind so kühl wie immer. Sie trifft auch ihren Jungendfreund Tobias wieder, der in dem kleinen Ort geblieben ist.

Als sie zusammen das Haus der Großmutter ausräumt, stößt sie auf das Tortenprotokoll ihrer Großmutter, ein altes Rezeptbuch, welches nicht nur Rezepte, sondern auch Briefe enthält. So erfährt Friederike, dass ihre Großmutter ihr fremd war. Sie erfährt, dass ihre Großmutter einen Mann geliebt hat, zu dem sie sich aber wegen der Familie nicht bekannte. Mit Tobi begibt sie sich auf die Suche nach dem unbekannten Mann.

Man sollte annehmen, dass eine Familie zusammenrückt, wenn ein Todesfall eintritt. Nicht aber hier in dieser Familie. Trauer scheint es nicht zu geben, Tränen schon gar nicht. Der Ton ist rau, fast wie auf dem Kasernenplatz. Gefühle zeigt niemand. Stattdessen gibt es Kuchen und Torte. Die Atmosphäre ist sehr bedrückend.

Für Friederike ist die kurze Zeit in ihrem Heimatdorf eine Zeit, in der sie eine Entscheidung treffen muss. Will sie weiterhin eine Beziehung zu ihrer Familie pflegen, die in der Realität gar nicht existiert?

Das Buch erzählt uns diese Geschichte mit leisen und melancholischen Worten, es weckt Gefühle, gerade weil in Friederikes Familie Gefühle abwesend sind.

Eine Geschichte mit Tiefgang.