Rezension

Kurze philosophische Unterhaltung

Im freien Fall -

Im freien Fall
von Helme Heine

Bewertet mit 4 Sternen

REZENSION – Nach schweren Schicksalsschlägen steht Max in Südafrika über einem 1 200 Meter tiefen Grubenschacht einer aufgelassenen Goldmine, die früher seinem Unternehmen gehörte. Das Schicksal hat ihm, dem gutwilligen Unternehmer, der vieles besser machen wollte als sein Vater, letztlich alles genommen hat. Doch an diesem Grubenschacht will er nun ganz allein, unabhängig von allen und allem, eine letzte Entscheidung für sich treffen – die freie Entscheidung über seinen Tod. Doch wieder schlägt ihm das Schicksal unerwartet ein Schnippchen.

Es sei „der Roman eines Lebens“, meint der C. Bertelsmann Verlag über das im Mai veröffentlichte Buch „Im freien Fall“ des Autoren-Ehepaares Helme Heine und Gisela von Radowitz (beide 82). Vorrangig geht es tatsächlich um Max' Leben, das wir in den letzten Sekunden seines freien Falles im Rückblick kennenlernen. Doch wird nicht jedes Leben von anderen mitbestimmt und beeinflusst selbst andere? Es stellt sich also die Frage: Sind wir wirklich fähig, unser Leben selbst zu steuern? Oder werden wir gelenkt, ohne uns dessen bewusst zu sein? Führt uns ein vorbestimmtes Schicksal bis zum Tod, ohne das wir selbst auf unseren Lebensweg einwirken können?

„Im freien Fall“ erfahren wir die Lebensgeschichte des Firmenerben Max, die sorglos begann. Sein berufliches Leben scheint vorherbestimmt, schließlich muss er als Alleinerbe das vom Vater in den Nachkriegsjahren aufgebaute und heute weltweit erfolgreiche Unternehmen mit vielen tausend Mitarbeitern eines Tages übernehmen. Doch nach sorgenfreien und erfolgreichen Anfangsjahren als Junior in der Unternehmensleitung, in denen sich Max vom dominanten Vater befreien konnte, und als glücklicher Ehemann und Vater zweier Kinder tauchen dann doch erste Beziehungsprobleme zwischen Senior und Junior, zwischen Max und Marie auf. Die Situation verschärft sich nach Verbreitung eines Gerüchts, das Unternehmen sei im letzten Kriegsjahr mit unredlichen Mitteln gegründet worden. Dieses Gerücht zerstört schließlich alles, woran Max bisher glaubte und wofür er bisher lebte.

Lohnt es sich also überhaupt, das eigene Leben selbst aktiv steuern zu wollen, wenn vielleicht doch alles von außen bestimmt ist, fragt sich Max: „Wenn es tatsächlich für alle Menschen ein vorgezeichnetes, festgeschriebenes Schicksal gäbe, dem niemand entkommen könne, …. hatte dann doch die Kirche recht mit ihrer These der Erbsünde? Belastete und beeinflusste die Schuld unserer Vorfahren auch uns, die Kinder und Kindeskinder?“ Oder hatte jeder „doch die Freiheit und das Recht, sein Leben so zu gestalten, wie er es wollte“? Die Autoren Heine und Radowitz argumentieren mit der Philosophie von Jean-Paul Sartre: „Es gibt kein höheres Ziel des Lebens. Der Mensch ist in eine sinnlose Welt geworfen. Die menschliche Existenz ist ein ständiges Scheitern. Alle Lebenden …. haben aber die Freiheit, diesen Zustand zu ändern. Der Mensch kann handeln.“

Über die Frage der Willensfreiheit des Menschen haben schon viele Philosophen gestritten. Natürlich lässt sich über die Frage selbstbestimmten Lebens und nicht zuletzt auch eines selbstbestimmten Todes endlos und ernsthaft philosophieren, dazu noch erörtern, ob es wirklich einen Gott gibt. Doch Heine und Radowitz bleiben in ihrem kurzen Roman an der Oberfläche, reißen die Problematik nur kurz an und überlassen das weitere Nachdenken uns Lesern. Ihr „Roman eines Lebens“, eine eigentlich recht normale Lebensgeschichte, liest sich leicht, ist voll Heiterkeit und Humor. Sie sehen das Leben positiv und kommen zum Ergebnis: Niemals aufgeben! Es ist nie zu spät für einen Neuanfang!