Rezension

Kurzweilige Unterhaltung mit Schwächen

Ich werd sowieso Rapper - Lea Feynberg

Ich werd sowieso Rapper
von Lea Feynberg

Bewertet mit 3.5 Sternen

Zum Inhalt

Lea Feynberg hat es als Lehrerin an einer Berliner „Problemschule“ nicht leicht. Endlose Diskussionen darüber, wieso es nun sinnvoll ist, einen Stift und ein Blatt Papier aus der Tasche zu holen, gehören da noch zu den harmloseren Dingen. In ihrem 1. Buch „Ich werd sowieso Rapper“ erzählt sie davon, wie sie sich geduldig und mit dem nötigen (Galgen-)Humor durch das Schuljahr schlägt und versucht, ihre bocklosen Schüler zu motivieren, endlich an ihrer Zukunft zu arbeiten. Dazwischen erfahren wir viel über ihre eigene Kindheit im antisemitischen Russland und ihre ersten Schritte als Immigrantin in ihrer neuen deutschen Heimat.

Meine Meinung

Das Buch liest sich sehr flüssig, die Sprache ist einfach gehalten, da hier meist die wörtliche Rede der Schüler wiedergegeben wird. Dadurch bleibt der Erzählstil durchwegs sehr lebendig.

Auch wenn „Ich werd sowieso Rapper“ in 1. Linie unterhält, so regt es doch auch zum Nachdenken an. Fand ich anfangs die Schüler, ihr Verhalten und ihre Sprache amüsant, so fragte ich mich im Laufe des Buches immer mehr, wie man seiner Zukunft gegenüber so unfassbar gleichgültig sein kann. Da Frau Feynbergs Schule sicherlich keine Ausnahme ist, begreife ich – die mittlerweile keinerlei Bezug mehr zum Schulwesen hat – wieso die Arbeitslosenzahlen steigen und sich z. B. Betriebe beklagen, dass sie keine geeigneten Azubis mehr finden und trotz der hohen Arbeitslosenzahlen Stellen unbesetzt bleiben. Noch unglaublicher sind die Eltern dieser Schüler, die teilweise noch gleichgültiger sind. Ich habe die Autorin die ganze Zeit wirklich bewundert, wie sie gegen diese Windmühlen kämpft und dabei stets noch betont, dass dies der beste Job der Welt sei – wenngleich mich das ständige Betonen, wie sehr sie ihre Arbeit liebt, teilweise auch etwas ermüdet hat.

Die Schulgeschichten erinnern stark an die Blogeinträge und Bücher von Frau Freitag und Frl. Krise, die ebenfalls an einer Berliner Schule unterrichte(te)n. Da ich schon einiges von diesen Damen gelesen habe, kamen mir viele Verhaltensmuster und Diskussionen vertraut vor. Dadurch bot sich mir bezüglich der Schülerstories nicht viel Neues, zumal sich auch innerhalb des Buches einiges wiederholte – so zumindest mein Eindruck. Findet man anfangs noch die unnötigen und teils wirklich hohlen Diskussionen und Sprüche sowie das „Ausländerdeutsch“ der Schüler lustig, so dachte ich mir irgendwann: „Hatten wir das nicht schonmal?“ Natürlich ist dies nur aus dem wahren Leben gegriffen, wo Frau Feynberg sich diesen Diskussionen tagtäglich in gleicher oder ähnlicher Form stellen muss. Aber ich konnte leider nicht ihre erstaunliche Geduld an den Tag legen und hätte gern den ein oder anderen einmal kräftig durchgeschüttelt.

Durchwegs interessant fand ich hingegen die Lebensgeschichte der Autorin. Nach jedem Kapitel gab es noch eine kurze Geschichte aus ihrer Zeit in Russland oder als Immigrantin in Deutschland. Diese wird ebenfalls mit viel Humor, aber auch recht emotional erzählt, was mir gut gefiel. Da ich mich noch nie mit Russland beschäftigt habe, habe ich auch hier einiges gelernt, z. B. wie schwer es Juden (Frau Feynbergs Familie ist jüdisch.) in der ehemaligen Sowjetunion hatten.

Andererseits muss ich sagen, dass für mich beide Erzählstränge nicht so recht zusammengingen, und es fiel mir schwer, einen Zusammenhang herzustellen. Grob kann man sagen, dass es in beiden Teilen um Integration und Fremdsein geht, da auch die Schüler der Autorin fast allesamt einen Migrationshintergrund haben und man deshalb im gleichen Boot sitzt. Wobei die Autorin selbst überrascht feststellt, dass sie, die ihren 1. Lebensabschnitt in einem anderen Land verbracht hat, Deutschland längst als ihre Heimat betrachtet, wohingegen ihre Schüler, die fast alle in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, nicht bereit sind, dieses Land als ihre Heimat zu betrachten. Ansonsten jedoch könnte man aus beiden Erzählsträngen eigene Bücher schreiben. Beide Bereiche finde ich einzeln für sich genommen ganz spannend, aber mir fehlte hier einfach der Zusammenhang sowie ein roter Faden.

Alles in allem bietet Lea Feynberg mit „Ich werd sowieso Rapper“ einen interessanten und humorvollen Einblick in die Arbeit von Lehrern an einer so genannten „Problemschule“, an der v. a. Kinder mit Migrationshintergrund unterrichtet werden. Die Idee ist nicht mehr ganz neu, und für Fans von Frl. Krise und Frau Freitag klingen einige Geschichten sicherlich vertraut. Dafür erfahren wir noch einiges aus dem familiären Hintergrund der Autorin. Auch wenn mir der rote Faden fehlte und sich vieles wiederholte, ist das Buch sicherlich nicht nur für (angehende) Lehrer ein kurzweiliges Lesevergnügen.