Rezension

Lädierte Ermittlerin und ein Waffen-Deal

Im weißen Kreis - Oliver Bottini

Im weißen Kreis
von Oliver Bottini

Bewertet mit 4.5 Sternen

Louise Bonìs sechster Fall spielt im Raum Freiburg kurz vor der Fußball-WM 2006, als die erwarteten Zuschauermassen aus aller Welt Sicherheitskräften manche Sorge bereitet haben werden. Bonì hat Informationen über einen Waffenkauf zugetragen bekommen, tappt über Opfer und Motive möglicher Täter jedoch noch im Dunklen. Nach dem Tod ihres ehemaligen Chefs ist die Zeit für einen neuen Dezernatsleiter zumindest für Louise noch nicht reif. Leif Enders, den "Neuen" kann Louise nur schwer einschätzen; ein frisch versetzter Kollege ohne Stallgeruch als unbekannte Größe könnte nicht nur sie auf die eine oder andere Verschwörungstheorie bringen. Enders wiederum tappt gleich ins erste verfügbare Fettnäpfchen, als er bei Louise etwas zu platt Fortbildungsbedarf feststellt. Die Kriminalhauptkommissarin ist mit Mitte 40 noch immer vom frühen Tod ihres Bruders belastet, hat ihren Alkoholismus in der Vergangenheit zwar in den Griff bekommen, aber nicht die ungeklärte Beziehung zu ihrem letzten Partner. In dieser sonderbar gedämpften Stimmung der Verluste und Abschiede versucht Louise den Waffen-Deal zu einem möglichen Auftraggeber zurückzuverfolgen und zugleich das vermutete Opfer zu schützen. Die Fäden, die bis in die deutsche Kolonialgeschichte in Afrika zurückreichen, sind schwer zu entwirren, weil der Verfassungsschutz die Ermittlungen am liebsten abwürgen würde, um Fragen nach dessen Informanten in "patriotischen" Gruppierungen im Keim zu ersticken. Wie im Novembernebel bewegt Louise sich zwischen Faktenlage und Instinkt, Verdacht und Beweis, zwischen Ermittlungsergebnissen und offizieller Darstellung. Die für die Ermittler lebensgefährliche Tätersuche in einer selbstbewussten und sich als unangreifbar einschätzenden Szene lässt die Ereignisse vor den Augen des Lesers förmlich ineinander verschwimmen. Wie greifen Verbindungen zwischen Deutschland und Ruanda, die Farbe Weiß und ein zwei Jahre zurückliegendes Attentat ineinander, fragt man sich. Auf kurzfristige Ratlosigkeit folgt die unbequeme Erkenntnis, wie unverblümt Bottinis Kriminalroman an die unrühmliche Rolle des Verfassungsschutzes bei Ermittlungen in den so genannten "Dönermorden" der Zeit um 2006 anknüpft.

Die Figur der Louise ist zwar nicht sofort in allen Details zugänglich, wenn man ihre Entwicklung aus den Vorgängerbänden nicht mehr auf dem Schirm hat. Oliver Bottini hat mich jedoch auch in diesem Band mit der Vielseitigkeit seiner Themen beeindruckt und die besondere Stimmung des Romans hatte mich sofort wieder im Griff.