Rezension

Langsamer Einstieg - fulminante Story!

Clarissa or the History of a Young Lady - Samuel Richardson

Clarissa, or The History of a Young Lady
von Samuel Richardson

Bewertet mit 4.5 Sternen

Clarissa Harlowe hat alles, was eine junge, hübsche Frau in ihrem Zeitalter sich wünschen kann: Sie ist gütig, anständig, keusch, bodenständig und gibt gern den Armen. Ist dabei ein Mädchen voller Charaktermilde, Klugheit und mit einer Menge Talenten, ohne sich je deswegen aufzuplustern.
Doch als Robert Lovelace, ein bekannter Schürzenjäger, erst ihrer Schwester Arabella, dann ihr selbst den Hof macht, ist das schöne Leben vorbei. Sie soll unter Zwang an einen Mann verheiratet werden, der ihr zuwider ist. Sogar der Briefwechsel mit ihrer besten Freundin Anna Howe wird ihr verboten.
Unglücklich wie sie ist, lässt sie sich durch eine List von Lovelace von zu Hause wegführen - ohne zu ahnen, dass ihre Leiden damit erst beginnen...

Obwohl 1748 veröffentlicht und zumindest in meiner Penguin-Classics-Ausgabe über 1500 Seiten lang, war das ein unglaublich fesselnd zu lesender Roman. Der Leser bekommt die Situation in allen 360° gezeigt, was sich durch die Verflechtung der Korrespondenzen ergibt.
So schreibt einerseits Clarissa mit ihrer besten Freundin Miss Howe darüber, wie ungerecht ihre Eltern sie behandeln, wie sie darunter leidet und später, wie es ihr bei Lovelace ergeht. Zum anderen bekommt der Leser jedoch auch den Briefwechsel zwischen Lovelace und seinen Lakaien bzw. seinem besten Freund Belford zu lesen und weiß somit im Gegensatz zu Clarissa, in was für Fallen sie tappt und was für ein hässliches Spiel er mit ihr spielt.
Ich kann nicht erklären warum, aber nachdem der Anfang sich ein wenig gezogen hatte (ich bin sogar eingeschlafen) war das Buch im Folgenden so spannend, dass ich es mal zu mal nur mühevoll aus der Hand legte und trotz Mikroskopschrift zum Teil die halbe Nacht durchgelesen habe. Irgendwie ein tolles Buch - und das, obwohl es moralisierend ist, eine Botschaft hat, die permanent hervorhängt und Clarissa gewisse Aspekte einer Mary Sue hat (aus Sicht der damaligen Welt war sie einfach nur perfekt und an ihren Verfehlungen nie selbst schuld), fand ich die Charaktere dennnoch durch ihre verschiedenen Schreibstile, durch die Art ihrer Gedankengänge toll charakterisiert und werde dieses Buch allen empfehlen, die ein Buch nicht gleich weglegen, nur weil die ersten 100 Seiten nicht der Spannungsbrüller sind.