Rezension

Langwierige Lesereise

Astrids Vermächtnis -

Astrids Vermächtnis
von Lars Mytting

Bewertet mit 5 Sternen

Dieser schwer in der Hand liegende Roman des norwegischen Autors besticht durch einen prächtigen Schutzumschlag mit eindrucksvollem Glockenbild.
Ausdrucksstark und autark begegnet uns eine ganz eigene Welt im eingangs zurück gerichteten Blick auf Astrids Vorfahrinnen - die siamesischen Hekne-Schwestern Gundhild und Halfrid.
Alltagsbeschreibungen und -schilderungen um den sagenhaften Wandteppich sowie Geschehnisse und Gedankengut des Mittelalters - von Hexenverfolgungen bis Glaubensvorstellungen der Menschen in Norwegen sowie Verheißungen und Prophezeiungen - werden bildwirksam und poetisch eingewebt.
Den Hauptteil der Handlung nehmen die Geschehnisse in und um Butangen und das Gudbrandstal während der (nazi)deutschen Besatzung Norwegens in den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein.
Dabei kommen der im Vermächtnis ihrer Astrid-Großmutter lebenden jungen Astrid und dem mittlerweile alten ehemaligen Astrid-Verehrer und Pfarrer der Gemeinde Schweigaard eine bedeutende Rolle zu.

Lars Mytting schildert und beschreibt die Schicksale der Menschen in der Vergangenheit und im Gegenwärtigen sehr bildhalft, lebendig und eindrucksvoll. Die Zeit der Besatzung ist dabei eine starke Zäsur für das Leben der Leute im Ort.
Starke Charaktere leuchten im vielfältigen Verwandtschafts- und Figurengefüge hervor, da ist es angenehm, am Ende des Buches den detaillierten Überblick über die "wichtigsten Figuren, Tiere und Gegenstände" und die historischen Zusammenhänge der deutschen Besatzung zu bekommen.

"Astrids Vermächtnis" ist ein Leseerlebnis der besonderen Art, intensiv, poetisch, ausdrucksstark, mitunter zwischendurch mittig im Roman mäandernd, dann wieder an Fahrt aufnehmend.
Selbst als erfahrenem Viel-, Schnell- und Querleser war es mir eine anstrengende, intensive und anregende Lektüre zugleich, es ist keine "leichte Kost" - für Lesende, die Historie und Mystik mögen unbedingt zu empfehlen.