Rezension

Leben oder Sterben?

Königin der Berge - Daniel Wisser

Königin der Berge
von Daniel Wisser

Bewertet mit 3 Sternen

Das Thema Krankheit und Tod wird in diesem Roman sachlich nüchtern und ohne Sentimentalität behandelt.

Robert Turin ist Mitte 40 und hat Multiple Sklerose. Um seiner Frau nicht zur Last zu fallen hat er sich bereits vor 10 Jahren dafür entschieden im Pflegeheim zu wohnen. Mittlerweile ist die Krankheit so weit fortgeschritten dass er befürchtet, bald nicht mehr über sein Leben selbst bestimmen zu können. So entschließt sich der einst lebenslustige Mann, in der Schweiz das Angebot eines Vereins in Anspruch zu nehmen, der legal die aktive Sterbebegleitung anbietet. Doch wie soll Herr Turin in die Schweiz kommen? Er sitzt im Rollstuhl und ist ständig auf  Hilfe angewiesen. Mit seiner Frau Irene, die ihn jedes Wochenende besucht, kann er nicht rechnen, sie ist strikt dagegen, ihm beim seinem Freitod behilflich zu sein. Auch die Pflegerinnen im Heim wollen davon nichts wissen, sie sind vollauf damit beschäftigt, ihn und seinen hohen Alkoholkonsum zu überwachen. Wer sonst könnte ihm noch behilflich sein? …

Der Autor des Romans, Daniel Wisser, ist ein österreichischer Schriftsteller und Musiker, der 1971 in Klagenfurt geboren wurde und seit 1989 in Wien lebt. Er schrieb bereits einige Romane, die viel Beachtung fanden. Für „Königin der Berge“ wurde Wisser mit dem Österreichischen Buchpreis 2018 und dem Johann-Beer-Literaturpreis ausgezeichnet.

Als „herzzerreißend komisch“ wird dieser Roman im Klappentext beschrieben, was nach meinem Empfinden nicht zutrifft. Der bemüht auf „modern“ gestaltete, und dadurch nicht einfach zu lesende, Schreibstil des Autors lässt Gefühle gar nicht aufkommen, weder bei den Protagonisten, noch beim Leser. Man liest von den Problemen des an MS Erkrankten mit seinem Rollstuhl, erfährt von seinem übermäßigen Alkoholkonsum und ahnt auch seine Trostlosigkeit und Verbitterung, kann aber seine Empfindungen und Gefühle nicht erfassen. Er führt Selbstgespräche mit seinem längst verstorbenen Kater Dukakis und erhält von ihm zynische Antworten, während seine Frau und seine Schwägerin von seiner Krankheit scheinbar unberührt bleiben.

Gut gelungen ist dem Autor die Beschreibung der Situation im Pflegeheim, die Einsamkeit und Verzweiflung einzelner Insassen, die Überlastung des Personals und Intrigen innerhalb der Ärzteschaft. Durch Erinnerungen des Kranken an einzelne Episoden aus seinem früheren Leben, sowie Gedanken und Äußerungen des Personals über sein augenblickliches Verhalten, entstehen interessante Perspektivwechsel. Leider ist das Thema aktive Sterbehilfe bzw. die Begleitung zum Freitod meiner Meinung nach viel zu kurz behandelt worden. Und warum im Text völlig unmotiviert plötzlich Wörter geschwärzt und ganze Sätze durchgestrichen sind, hat sich mir auch nicht erschlossen.

Fazit: Ein nicht leicht zu lesender Roman über Krankheit und Tod, ein sonst eher trauriges Thema, wird hier so sachlich nüchtern behandelt, so dass beim Leser keine Traurigkeit aufkommen kann.