Rezension

Leicht schwächelnder Anfang, jedoch starke Steigerung im Verlauf

Kriegssinfonie - Soldat - Lucie Müller

Kriegssinfonie-Band 1
von Lucie Müller

Menschliche und göttliche Intrigen in einer fantastischen Welt - mittendrin ein zwiegespaltener Feldarzt.

Der junge Feldarzt Faolan Aleta wird überraschend wieder einberufen. Nichtsahnend wird er dann jedoch gefoltert und seiner Erinnerungen beraubt - nur um kurz darauf festzustellen, dass er nun Mitglied des "Rings der Gehorsamen", einer dem Hochkönig ergebene Gruppe von Assassinen, ausgestattet mit besonderen Kräften. Während Faolan nun lernen muss, seine Kräfte zu beherrschen, steckt er zugleich im Zwiespalt mit sich selbst. Doch Faolan muss seinen Weg finden, denn sein Schicksal ist mit dem des Königreichs verknüpft, ein Königreich, das durch zahlreiche Intrigen bedroht wird...

Zu Beginn fiel es mir etwas schwer mich an den Schreibstil zu gewöhnen, nach einer Zeit gab sich dies jedoch und ich konnte mich vollends auf die Geschichte einlassen.

Ohne viel Federlesen wird der Leser in die Geschichte geworfen, die Autorin lässt keinerlei Erklärungen vorangehen - ein Vorgehen, das ich immer als recht angenehm empfinde. 

Wir begegnen Faolan Aleta und lernen ein jungen Mann kennen, der zwar selbstbewusst, doch leicht gelangweilt wirkt. Er sehnt sich zurück zum Schlachtfeld, wo er einst als Feldarzt tätig war - und sein Wunsch geht in Erfüllung. Doch anders als erwartet: Nachdem man ihm seine Erinnerungen genommen hat, gehört er dem "Ring der Gehorsamen" an. Alle Mitglieder verfügen über besondere Fähigkeiten, ebenso wie Faolan, dessen neue Identität mit einem neuen Namen verknüpft ist: Shade.

Stückchenweise erfährt der Leser mehr über den Ring, eine eher abschreckende Truppe, die ohne Gedanken an Moral Befehle ausführt. Oftmals ist man als Leser geschockt, denn die Erbarmungslosigkeit kennt keine Grenzen. In diesen Szenen empfand ich auch die größere Distanz zu Shade, der zwar Widerwillen zeigt, jedoch zunächst nichts tut. Zwar sind die Schilderungen nicht übermäßig brutal geschildert, doch die Vorstellung tut ihr übriges. 
Shade wandelt sich jedoch und die Sympathie steigt, wenn seine Entscheidungen manchmal auch irritieren.

Nach einem etwas zähen Anfang nimmt die Geschichte dann auch an Fahrt auf und damit auch die Komplexität der Welt: Viele verschiedene Figuren treten auf, und die Perspektiven wechseln häufig, was dem Leser ein gewisses Maß an Konzentration abverlangt - das Buch sollte nicht lange unterbrochen werden, wenn man sich durch  allzu viele Perspektiven verwirren lässt. Aber keine Sorge, in der Printversion gibt es ein Personenverzeichnis. Erschwerend kam jedoch noch hinzu, dass gerade die Ringmitglieder zu Beginn etwas blass bleiben, dazu springen zu wenig Emotionen über und ihre Persönlichkeiten erscheinen zu ähnlich, dementsprechend schwieriger ist es, sie zu unterscheiden.

Mit der zweiten Hälfte gibt sich dies jedoch, da mittels des Perspektivenwechsels auch einige Ringmitglieder beleuchtet werden, vor allem Tau spielt eine größere Rolle, ebenso Mythos, der Anführer des Rings.

Besonders sympathisch war für mich Maerkyn, ein König, der aufgrund einer Begebenheit seinen Thron verliert und Shade begegnet. Er wirkt -anders als andere- auch von Moral geleitet und seine Verbindung zu Shade und der Ausbau dessen gefiel mir auch sehr gut, auch wenn es mir zu Beginn zu schnell erschien.

Weitere Rollen spielen das Militär und die von ihnen Nutzung einer neuen Wissenschaft: Magie.
Dies war einer der Punkte, die mir besonders gefallen haben: Die Welt ist sehr realistisch gestaltet, seien es die Intrigen oder die langsame Erforschung eines neuen Wissenschaftzweigs, der natürlich zweckentfremdet wird.

Ebenfalls begeistert haben mich die vielen  Ideen der Autorin, die durchaus neu waren (natürlich nicht alle) und in ihrer Umsetzung überzeugten. Allerdings erinnerten bestimmte Fabelwesen mich an Drachen - aber nicht nur mich,  wie ich in der Leserunde feststellen konnte.
Besonders gut gefiel mir das Tamarin. Was das denn bitte ist? Das müsst ihr selbst herausfinden.

Darüber hinaus findet sich auch die Mythologie der Antike wieder und weitere Intrigen verwirren (im positiven Sinne) den Leser. 

Zeitweise empfand ich bestimmte Passagen jedoch  als zu passiv -ich möchte ja nicht nur gesagt bekommen wie jemand ist, sondern es als Leser selbst erleben. 
Das schmälerte mein Lesevergnügen etwas, denn dann hatte ich das Gefühl, die Geschichte laufe gerade im Zeitraffer ab. 
An einer Stelle empfand ich gerade das jedoch als gut eingesetzt, da der Leser dadurch im Dunkeln gelassen wird und die Spannung steigt. Hinsichtlich dessen überzeugt mich vor allem die zweite Hälfte, die für mich ein kompletteres Ganzes abgab.
Darüber hinaus erreichten mich nicht immer alle Emotionen, auch da eine klare Steigerung in der zweiten Hälfte.

Zum Ende hin wurde es dann richtig spannend, viele Handlungsstränge laufen, und ida ich jeden interessant fand, fiel mir nicht so sehr auf, dass die Seiten sich dem Ende neigten... Und dann war es vorbei. Vorbei! Zunächst erscheint das Ende passend, ein kleiner Cliffhanger, doch dann überlegt man kurz und tja, man hat in Wahrheit einen ganzen Haufen offener Fäden. 
Und dieser riesengroße Cliffhanger, sowie die zunehmende Steigerung der Geschichte in so ziemlich allen Bereichen, lässt mich jetzt ungeduldig auf den zweiten Band warten lässt (Erscheinungsdatum voraussichtlich Ende 2014/Anfang 2015).

Insgesamt ein guter Auftakt, der stellenweise nicht ganz überzeugte, mich dann jedoch doch fasste und Lust auf mehr macht.
Für alle, die innovative und sehr real wirkende Fantasy mögen, gerne in fremde Welten abtauchen -die man langsam erkunden muss- und mit einer Vielzahl von Figuren keine Probleme haben.