Rezension

Leiden und Fantasien eines alten Mannes

Die Fußspur Buddhas - Jun'Ichiro Tanizaki

Die Fußspur Buddhas
von Jun'ichiro Tanizaki

Bewertet mit 3 Sternen

Wollen, aber nicht können – dieser tragische Kontrast fällt mir ein, wenn ich mir den 77-jährigen Utsugi Tokusuke, Hauptfigur dieses Romans, vorstelle. Dabei ist 'wollen' nicht nur abstrakt, sondern durchaus körperlich zu verstehen. Objekt seiner Wolllust und seines Begehrens sind schöne Frauen im Allgemeinen und seine Schwiegertochter Satsuko im Speziellen, wie wir seinen Tagebucheinträgen entnehmen können. Ganz schön pervers, könnte man meinen, doch Satsuko zeigt sich keineswegs abgeneigt gegenüber seinen Annäherungsversuchen, ja stachelt ihn geradezu an. Sie scheint die Spielchen auszukosten und noch mehr die teuren Geschenke, die sie im Gegenzug erhält. Immer wieder wird der Gegensatz zwischen der Schönheit, Jugend und Weiblichkeit der ehemaligen Revue-Tänzerin und der Hässlichkeit des alten Mannes herausgestellt.

Während mich Utsugis detaillierte Krankengeschichte und Behandlungen ein wenig ermüdete, amüsierte mich seine Selbstironie. Seine erotischen Fantasien vermischen sich mit Minderwertigkeitsgefühlen angesichts seines körperlichen Verfalls und Zweifeln an seiner geistigen Verfassung. Das führt sogar soweit, dass er seine eigenen Atemgeräusche mit dem Zirpen einer Grille verwechselt – ein ganz typisches Beispiel für Tanizakis Humor.

Mit subtilen Andeutungen, Sinn für Ästhetik und viel Empathie für den Protagonisten taucht Jun’ichiro Tanizaki tief in die Psyche eines alternden Mannes ein, der schon ein Grabmal für sich in Kyoto aussucht, sich aber nur schwer von den schönen Dingen im Leben trennen kann.