Rezension

Leider enttäuschend

Ein denkendes Herz - Susanna Tamaro

Ein denkendes Herz
von Susanna Tamaro

Bewertet mit 2 Sternen

Vor einigen Jahren las ich von Susanna Tamaro „Geh wohin dein Herz dich trägt“ – ein bewegendes, gefühlvolles und weises Buch über 3 Generationen von Frauen, das ich zu den besonderen Schätzen meines Bücherregals zähle. Als ich in diesem Jahr auf „Ein denkendes Herz“ stieß, das laut Klappentext ein inspirierendes und persönliches Tagebuch sein soll, das die Augen für die verborgene Schönheit der Welt öffnet, machte es mich neugierig und ich war gespannt darauf, was die Autorin über sich zu erzählen hatte.

An die Art der Veröffentlichung hatte ich keine besonderen Erwartungen und war doch überrascht über die Kürze der abgedruckten Beiträge. Das Buch ist in drei Abschnitte unterteilt: „Flugversuche“, „Der unwägbare Teil“ und „Der Leuchtturm in der Nacht“. Diese enthalten kurze, meist ein bis zwei Buchseiten füllende, mit eigenen Überschriften versehene Texte, die sich mit dem Erleben, Fühlen und Denken der Autorin befassen. Dennoch ist es kein Buch, das sich aufgrund der kurzen Kapitel schnell weglesen lässt, dazu ist es zu deprimierend. Aber es ist auch kein Buch, in dessen Thematik ich mich einfinden oder einer Lebensgeschichte folgen konnte, die sich zu einem Gesamtbild zusammenfügen ließe, dazu waren die Kapitel zu kurz, die Texte zu wenig zusammenhängend.

Susanna Tamaro schildert mal unmissverständlich und mal in bildhafter, fast poetischer Sprache, was sie in ihrer Kindheit oder später als Erwachsene beschäftigte und wie ihre Gedankenwelt geprägt war, beziehungsweise ist. Es ist nicht angenehm, an ihrer düsteren negativ gefärbten Welt teilzuhaben, von der sie sich jedoch meist recht schnell abwendet um gefühlt mit erhobenem Zeigefinger auf das Schlechte im Menschen und der Gesellschaft hinzuweisen. Im Klappentext steht als Beschreibung, dass sie nach dem Wesen des Menschen und nach dem Ursprung der Dinge sucht. Ich hatte eher das Gefühl, dass sie ihre Suche längst beendet hat und den Leser nun mit ihren gefundenen „Wahrheiten“ bekehren möchte.

Immer wieder ist die Ich-Perspektive schnell vergessen und sie geht zum „Wir“ über, um in beinahe belehrender Form das Übel der Welt anzuprangern. Aus diesem „Wir“ bin ich jedoch in vielen Punkten bereits vor Jahren herausgewachsen, so dass ich diesen Verallgemeinerungen nicht nur nichts abgewinnen konnte, sondern sie sogar als störend empfand. Oft hatte ich beim lesen den Eindruck, dass zwischen den Zeilen eine tiefe Verbitterung der Autorin herauszulesen ist, die ihrerseits nur anklagt, anstatt zu verändern, zumindest ist es nicht ersichtlich, ob sie bei sich oder ihrer Umwelt Änderungen bewirkt. Im letzten Teil des Buches beschäftigt sich Susanna Tamaro schließlich überwiegend mit Glaubensfragen und scheint trotz aller Zerrissenheit in der Religion einige Antworten für sich gefunden zu haben. Das gestehe ich jedem zu und habe eigentlich auch kein Problem damit, hier rundete sich jedoch mein Eindruck von dem predigenden Grundton des Buches ab, der mich überhaupt nicht begeistern konnte.

„Geh, wohin dein Herz dich trägt“ wird ein Kleinod in meinem Bücherregal bleiben, das ich gern beizeiten nochmal lesen möchte. „Ein denkendes Herz“ hingegen konnte mir die Autorin nicht näher bringen, wusste keine für mich interessante Lebensgeschichte zu erzählen und ließ mich auch keinen bemerkenswerten Gedankengängen folgen. Ich konnte zu diesem Buch keinen Zugang finden, weshalb ich es leider nicht empfehlen kann.