Rezension

Leider hatte ich nicht das Gefühl, Michael Ende näher gekommen zu sein

Die ganze Welt ist eine große Geschichte, und wir spielen darin mit - Charlotte Roth

Die ganze Welt ist eine große Geschichte, und wir spielen darin mit
von Charlotte Roth

Bewertet mit 3 Sternen

Michael Ende dürfte jedem, der gerne liest, ein Begriff sein. Seine Bücher sind weltbekannt und zum Teil auch verfilmt worden. Charlotte Roth hat eine Romanbiografie über ihn geschrieben, die bereits vor seiner Geburt mit dem Kennenlernen seiner Eltern beginnt und mit seinem Tod endet.

Da es sich um einen Roman handelt, und nicht um eine „echte“ Biografie, fehlen Quellenangaben, Bilder, Bibliografie und ähnliches. Die einzelnen Kapitel wirken wie einzelne Szenen im Leben des Autors, die man nicht immer zeitlich einordnen kann, da es in der Regel keine Daten, und selten einmal wenigstens eine Jahreszahl gibt.

Im Nachwort macht Roman Hocke, der auch im Roman eine Rolle spielt, sehr deutlich, dass es sich um einen Roman handelt, und daher nicht unbedingt alles tatsächlich so stattgefunden hat, manches verändert wurde und man daher nicht alles für bare Münze halten darf, dass er und die Autorin es aber für wichtig erachtet hatten, diesen Weg zu nehmen, um auch das Innenleben der Akteure darstellen zu können. Gut, er kannte Michael Ende über lange Zeit persönlich und hat auch mit ihm gearbeitet, man kann wohl davon ausgehen, dass am Bild des Autors und der Menschen um ihn, vieles stimmig ist.

Auch Charlotte Roth schreibt in ihren Anmerkungen, dass manches fiktiv ist. Leider sind diese sehr knapp formuliert, ich hätte mir gerade von der Autorin ein etwas ausführlicheres Statement gewünscht.

Ich hatte meine Probleme mit dem Erzählstil und fand ihn sehr anstrengend zu lesen, Charlotte Roth, von der ich bisher noch nichts gelesen habe, erzählt sehr ausschweifend und wenig unterhaltsam, oft langweilig. Ich habe nach etwa 40 % des Ebooks eine längere Pause eingelegt, danach ging es besser, vor allem, weil bei etwa 50 % das bekannte literarische Schaffen einsetzte, Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer werden geboren – meine Lieblingsgeschichte Michael Endes. Die zweite Hälfte habe ich daher relativ schnell gelesen, obwohl es auch hier immer wieder Szenen gab, die meinen Lesefluss verlangsamten.

Was habe ich mitgenommen? Leider hat mich dieser Roman ein wenig desillusioniert. Michael Ende war für mich immer ein großer Fantast mit einer überschäumenden Phantasie, der erste Fantasyautor, den ich als (kindlicher) Leser kennen lernte. Womöglich durch ihn wurde meine Liebe zu diesem Genre begründet. Im Roman lernte ich einen Michael Ende kennen, der sich schwer tat, als Mensch und als Autor, sein Leben wirkt auf mich oft deprimierend. Er, aber auch seine Bücher, werden ein Stück weit entmystifiziert – für mich sehr schade. Sehr interessant dagegen sind die Hintergründe seiner Werke, sehr stark zu sehen bei „Die unendliche Geschichte“, aber auch bei „Momo“.

Dieses Jahr hätte Michael Ende seinen neunzigsten Geburtstag gefeiert. Wer weiß, welche Bücher er noch geschrieben hätte, hätte der Krebs seinem Leben nicht ein vorzeitiges Ende bereitet. Ich finde es gut, wenn nun auf vielfältige Weise an ihn gedacht wird. Ich habe z. B. große Lust bekommen, wieder einmal Jim Knopf zu lesen.

Leider habe ich nicht das Gefühl, als sei mir Michael Ende durch den Roman näher gekommen, im Gegenteil, aber das ist ganz persönlich zu werten. Vielleicht lese ich irgendwann einmal eine „richtige“ Biografie, bis dahin widme ich mich aber lieber seinen Werken. Wer sich für den Autor interessiert oder Charlotte Roths Romane mag, wird diese Romanbiografie vielleicht anders werten als ich. Ich kann leider nur 3 Sterne vergeben.