Rezension

Leider mit einer unangenehmen Hauptperson

Sommernachtsschrei - Manuela Martini

Sommernachtsschrei
von Manuela Martini

Nach “Schneeweiss blutrot” hatte ich eine kleine Arena-Thriller-Phase. Vom Klappentext klang “Sommernachtsschrei” ganz interessant, deshalb kam es als nächstes dran. Ich mag Geschichten, in denen das Verbrechen bereits stattgefunden hat und wo es nun gilt, Hintergrund oder Täter herauszufinden.
“Sommernachtsschrei” kommt gleich zur Sache und sehr bald weiß man, was sich während der Party damals ereignet hat und was es Franziska beschert hat. Mir tat sie zunächst noch leid. Es muss ja wirklich schlimm sein, ausgerechnet über die Tatzeit einen Filmriss zu haben und nicht zu wissen, ob man es tatsächlich war oder etwa doch nicht. Noch furchtbarer ist es sicher, wegen einer solchen Tat ins Gefängnis zu müssen. Noch dazu als Jugendliche. Dass diese Zeit prägt, steht ebenso außer Frage.
Trotzdem dauerte es gar nicht so lange bis mir Franziska mit ihrem Selbstmitleid und ihrer Aggressivität gehörig auf die Nerven ging. Wenn man so entschieden darauf aus ist, die Wahrheit zu erfahren, dann sollte man doch so weit denken können, dass solches Verhalten wenig hilfreich ist. Ich hätte Franziska laufend schütteln können, wenn sie wieder einen ihrer Ausraster hatte. So bin ich mit ihr bis zum Schlus nicht richtig warm geworden.
Trotzdem bin ich einigermaßen frohen Mutes mit ihr auf die Jagd nach der Wahrheit bzw den verschwundenen 5 Minuten gegangen. Obwohl Franziska immer wieder behauptet, sie sei der Mörder gewesen, ist einem beim Lesen irgendwie klar, dass es jemand anderes gewesen ist. Ich hätte es völlig in Ordnung gefunden, wie sie verschiedene Adressen im Dorf abklappert und mit Leuten spricht, die in die Sache verwickelt sein könnten. Sowas sorgt normalerweise für Spannung und ich mag das besonders, denn ich kniffele immer gerne mit. Das Problem ist nur, dass man -als halbwegs geübter Krimi- / Thillerleser- schnell einen äußerst sicheren Verdacht gegen gewisse Personen hegt. Deshalb war die Spannung trotz Franziskas Nachforschungen und dem dörflichen “Filz”, der hier wirklich gut rübergebracht wird, schlichtweg raus.
Das Ende bietet dann immerhin noch eine dramatische Szene und eine kleine Überraschung, die einen lehrt, dass Vorurteile selten das Wahre sind, aber das einzige Kapitel, dem ich wirklich gespannt gefolgt bin. Das ist zu wenig für einen Thriller.

Das Buch lässt sich gut lesen. Da Franziska selber erzählt, ist der Ton recht jugendlich und locker. Zahlreiche Dialoge lockern ebenfalls auf und die Kapitel haben eine schöne Länge. Nicht zu lang, nicht zu kurz. Hinzu kommt, dass Franziska in der Gegenwartsform erzählt. Zumindest für mich bringt diese Erzählform immer noch etwas mehr Tempo in eine Geschichte.

Mit dem Gelb und Orange kommt der Thriller ganz schön hell daher. Da bringt einen höchstens das zerbrochene Glas mit der blutroten Flüssigkeit darauf, dass sich zwischen den Deckeln eine spannende Geschichte verbergen könnte. Ich finde, das Motiv passt gut zu der Sommerparty um die es geht.

Fazit:   Leider ging mit Franziska mit ihrem Selbstmitleid und ihrer sinnlosen Aggressivität schnell auf die Nerven, sodass ich mich mit ihr nicht wirklich anfreunden konnte. Die Suche nach der Wahrheit hätte ich ganz spannend gefunden, wenn nicht so früh klar gewesen wäre, wohin der Hase hier tatsächlich läuft. Da hat auch das Kapitel mit dem durchaus dramatischen Finale nichts mehr dran gerettet. Schade.