Rezension

Leider nicht der würdige Abschluss, den ich mir erhoffte

Gorian 03. Im Reich des Winters - Alfred Bekker

Gorian: Im Reich des Winters
von Alfred Bekker

Bewertet mit 3 Sternen

Der Klappentext liest sich wirklich gut. Letztlich war es auch genau dieser, der mich bewogen hat, die Trilogie lesen zu wollen. Doch leider hält weder dieser noch der Text auf dem Rückseitencover „Eine Legende erfüllt sich – Gorians entscheidendes Duell mit dem Herrn der Frostfeste“ das, was er verspricht. Der erste Band war wirklich gut. Der Aufbau der ersten Hälfte des Buches war gut strukturiert und beschrieb ausführlich wie Gorian zum ersten Mal in Kontakt kam mit der Alten Kraft und letztendlich dem Orden beitritt. Da mir dieser Teil wirklich gut gefallen hat, tröstete es mich darüber hinweg, dass der Teil auf der Burg wirkte wie gekürzt und so keine richtige Charaktervorstellung der Gefährten Gorians erfolgte und demnach gar keine Charakterentwicklung. Der zweite Teil schließt unmittelbar an den ersten an, vermag es jedoch nicht diese Fehler des Vorgängers auszubügeln. Dafür war er spannender, auch wenn einige Wiederholungen in der Handlung die Freude beim Lesen etwas milderten.
Der dritte und abschließende Band ist meiner Meinung nach der schlechteste. Die Handlung wirkte phasenweise wirklich platt, nicht einmal vorhersehbar, einfach platt. Dinge passieren einfach, die Handlung wird so vorangetrieben, ohne dass dem Leser dies logisch vorkommt. Zudem häufen sich Widersprüche: Gorian wird von einer Horde Geistwesen „Maladran“ genannt begleitet und sie geraten in einen Kampf mit Wandlern. Diese wandeln sich in die ursprüngliche Gestalt der Maladran, also bevor sie Geister geworden sind. Als Gorian mit den Maladran im Schlepptau bei seine Gefährten ankam und die Wandler sich als enorme Bedrohung herausstellten, wurden die Maladran als Personenschutz für Gorian auserkoren. Denn nach kurzer Diskussion kamen sie einstimmig zu dem Ergebnis, dass die Wandler wohl kaum in der Lage sein würden, die mittlerweile doch schon stofflich geworfenen Maladran nachzubilden. Hallo?! Wie kann so ein Fehler passieren. Ich meine gelesen zu haben, dass die Wandler die Maladran bei ihrem ersten Zusammentreffen wohl nachbilden konnten, was gibt es denn da zu diskutieren?! Doch tatsächlich, im weiteren Verlauf konnten die Wandler die Maladran nicht mehr nachbilden. Es tut mit leid, doch so etwas darf nicht passieren.
Doch das ist gar nicht mal der gravierendste Punkt: Seit über 1000 Seiten begleitet der Leser Gorian dabei sich aus- und weiterzubilden um in der entscheidenen Schlacht gegen Morygor bestehen zu können. Die Aura Morygors und sein Frostreich haben sich so ausgedehnt, sind so allgegenwärtig und mächtig, dass reihenweise Meister des Ordens dieser erliegen und zu Morygor überwechseln. Alle Zeichen stehen auf Weltuntergang und die restlichen Menschen Ost-Erdenrunds verbünden sich in Oquitonien – nicht in Gryphland, wie der Klappentext dem ahnungslosen Leser vermitteln will – um alles gegen Morygor aufzubieten was möglich ist. Dabei ist Morygor nie wirklich als körperlicher Gegner erschienen, was ihn noch furchterregender machte, da er sogar aus der Ferne so viel Macht und Einfluss hatte. Er tauchte lediglich ein paar mal als Erscheinung auf. Und dann beginnt das Finale. Endlich kommt es zum Kampf. Gorian dringt in die Feste ein – was eigentlich bei der ganzen Macht, die Morygor vorher hatte, oder der Autor dem Leser glauben machen wollte, dass er sie hat, eigentlich gar nicht möglich sein könnte und das Finale beginnt auf Seite 449 von 478. 30 Seiten Finale für eine Trilogie allein ist schon unglaublich armselig und dann gelingt komischerweise alles so leicht und per Zufall, wie es im ganzen Buch schon der Fall war. Denn auch das erringen der Meisterringe war für Gorian nichts anderes als ein Kinderspiel.
So kann ich leider zu keinem anderen Urteil gelangen, als dass der Abschlussband Im Reich des Winters – eigentlich waren sie schon die ganze Zeit im Reich des Winters, da es sich ja so unheimlich weit ausgebreitet hatte – platt und charakterlos war. Wenn ich mal ganz ehrlich bin, hat sich diese Entwicklung bereits im zweiten Band gezeigt, doch da konnte ich noch hoffen. Der einzige Grund, warum der letzte Band doch noch recht gut weggekommen ist, ist der, dass der Leser bereits tief in der Geschichte steckt, alles bereits bekannt war und man wissen wollte wie es weitergeht. Und letzteres hat der Leser bekommen. Die Geschichte um Gorian fand sein Ende und es ist gut, dass es keine Fortsetzung geben wird.
Die Beziehung zwischen Gorian und Sheera, ist mir bis zuletzt nicht ganz klar gewesen. Im ersten Band erzählt sie bereits bei der ersten Begegnung ihre Schicksalslinien seien von nun an miteinander verknüpft und sie sein Seelenverwandte. Genau betrachtet hat Sheera noch nicht mal den Status eines wichtigen Nebencharakters. Ihre Geschichte dümpelt belanglos nebenher.
Ich kann mir nicht erklären, wieso mir dieser Band nicht mehr so gut gefiel. Vielleicht lag es an der Schreibweise des Autors. Ihm ist es nicht gelungen die Charaktere plastisch und tiefgründig darzustellen und vor allem Verbindungen zwischen ihnen aufzubauen. Sicher kann man argumentieren: Es kann doch niemand dem anderen trauen, wie soll da eine tiefgehende Verbindung zwischen den Protagonisten aufgebaut werden? Doch eigentlich kann man das nicht gelten lassen, da dies bereits im ersten Teil versäumt wurde. Bekkers Schreibstil an sich ist eigentlich völlig in Ordnung. Es fehlt wie gesagt nur die Tiefe.
Dabei frage ich mich wieder: Wieso sind eigentlich alle drei Teile genau gleich lang? Da kann doch etwas nicht stimmen, so genau kann ein Autor seinen Text nicht planen, meine ich. Ich habe hier noch eine Trilogie von Bekker im Regal stehen: Die Drachenerde-Saga. Dabei sind die Seitenzahlen auch sehr ähnlich. Ich werde dem Autor damit auf jeden Fall noch eine Chance geben.

Fazit: Der Abschlussband ist leider nicht der würdige Abschluss, den ich mir gewünscht habe. Er ist platt, die Schritte zur Lösung des Problems „Morygor“ kommen aus heiterem Himmel und mussten nicht mühsam erarbeitet werden. Widersprüche stören zudem die Lesefreude. Das Finale wird so kurz und unspektakulär abgehandelt, dass es sich fast gar nicht gelohnt hat, die Bücher zu lesen, die Klappentexte hätten es auch getan.
Dem steht einzig nur die Tatsache entgegen, dass der Leser schon gut in der Geschichte drin ist, diese fortgeführt wird – und dabei wirklich viel passiert – und sie endlich zu einem Abschluss gebracht wird.
Der Klappentext hat eindeutig mehr versprochen.