Rezension

Lesenswert

Der Sternenleser - Kate Grenville

Der Sternenleser
von Kate Grenville

Cover:
Das Cover ist zwar hübsch, aber leider typisch für kitschige Australienromane.

Meinung:
Ich bin durch Zufall über das Buch gestolpert und war mir unsicher, ob ich es lesen wollte. Es klang nach einem kitschigen Besiedlungsroman, aber gleichzeitig auch wieder nicht. Also dachte ich, ich geb dem Ganzen eine Chance und ich bereue es keinesfalls.
Rooke entschließt sich dazu, als Astronom bei der Besiedlung Australiens im Militär tätig sein zu wollen. Was er zuerst als interessante Forschung des anderen Sternenhimmels annahm, entpuppt sich als kulturelle Erfahrung im Austausch mit den Aborigines, die er nach seinen mehrmaligen Begegnungen kennenlernt. Doch leider sind nicht alle so aufgeschlossen, was die Ureinwohner angeht…
Der Einstieg in das Buch fiel mir mehr als schwer. Der Schreibstil ist gerafft, zusammenfassend und sehr, sehr künstlich. Die ersten 100 Seiten enthielten kaum wörtliche Rede, was bei mir dazu führte, dass ich automatisch eine Distanz entwickelte. Ich war so unzufrieden damit, dass ich beinah abgebrochen hätte, aber schlagartig änderte sich der Stil. Zu dem Zeitpunkt, als Rooke in Australien eintrifft und aus den rückblickenden Beschreibungen mehr Beschreibungen des Ortes werden, etwas, was jetzt passiert und nicht schon passiert ist, hatte ich das Gefühl, wieder dabei zu sein und in der Geschichte anzukommen.
Sehr eindrucksvoll vermittelt die Autorin dem Leser das Gefühl des Ankommens auf einem vollständig unbekannten Kontinent. Die andersartige Vegetation wird beschrieben, genau wie die Tiere und die Landschaft an sich. Natürlich nimmt einen großen Raum auch die Beschreibung des Sternenhimmels ein, die ich aber sehr gut geschrieben fand. Ich habe mich bisher nie mit diesem Thema beschäftigt, fand es hier aber sehr interessant.
Es dauert nicht lange, bis Rooke auf ein paar Aborigines trifft. Schnell keimt in ihm der Wunsch auf, in Kontakt mit ihnen zu treten. Ich fand es sehr interessant, wie die Annäherung über die Sprache beschrieben wurde, welche lustigen Situationen dadurch entstanden und dass verschiedene Kulturen doch friedlich miteinander umgehen können. Das mag vielleicht langweilig klingen, aber durch die doch sehr lebhafte Darstellung dessen (das, was ich anfangs vermisst habe), war es mehr als interessant.
Im krassen Gegensatz dazu stehen Rookes Militärkollegen, die den Auftrag erhalten haben, sich gegen die Aborigines zu wehren. Rooke gerät dadurch in einen Gewissenskonflikt, der sehr anschaulich dargestellt wurde. Auf welcher Seite sieht er sich? Ist er überhaupt noch Teil des englischen Militärs? Oder zieht ihn sein Herz schon längst in die Kultur der Aborigines? Wer ist er? Was ist Identität?
Diese Fragen werden nicht eindeutig beantwortet, denn es ist auch schwer, darauf genaue Antworten zu geben. Aber gerade diese Selbstfindung war eine sehr gute Art, das Thema Kultur noch einmal aufzugreifen. Kate Grenville klagt niemanden an, obwohl man bei den Methoden des Militärs jeglichen Grund dazu hätte, zumal man weiß, dass diese Geschichte auf wahren Begebenheiten beruht. Dass sie das nicht tut, finde ich sehr eindrucksvoll, da genau das die Handlung am besten wiederspiegelt.

Fazit:
Ein interessantes Buch mit einem schwierigen Einstieg, den es sich aber zu überwinden lohnt. Man lernt nicht nur viel über Astronomie und Spracherwerb, sondern auch über die Besiedlung Australiens und Militärstrukturen. Das Problem der verschiedenen Kulturen wird ohne Anklage aufgezeigt, sodass sich der Leser seine eigene Meinung darüber bilden kann.