Rezension

Lesenswerter, leiser Roman

Aufs Meer hinaus -

Aufs Meer hinaus
von Cecilie Enger

Bewertet mit 4 Sternen

Ein leiser und zarter, mitnichten jedoch kraftloser Roman über die ersten Reederinnen Norwegens, der dazu beiträgt, Frauen in der Geschichte ihren Platz (zurück) zu geben beziehungsweise aus der Vergessenheit zu holen.

Die Geschichte von Bertha (und Hanna) ist trotz des ungewöhnlichen Lebensverlaufs eine ruhige, leise. Während ich Hanna die faszinierendere Figur fand und mir gewünscht hätte, mehr über ihr Inneres zu erfahren und sie besser kennenzulernen, folgt die Erzählung doch ausschließlich Bertha. Aus einer anderen Perspektive erzählt oder zumindest abwechselnd hätte das Buch aufregender und fesselnder sein können; ich glaube jedoch, dass die Autorin uns bewusst der vermeintlich "langweiligeren" Figur folgen lässt. 

Die Kühle der Erzählung ist zugleich die Besonderheit des Romans und passt zum norwegischen Setting - ich hätte mir ab und an mehr Leidenschaft und Nähe zu den Figuren gewünscht, statt dem Geschehen aus der Ferne zu folgen; gleichzeitig hat diese fast schon nüchterne Art auch ihren Charme.
Der Klappentext ist insofern irreführend, als dass der Fokus nicht auf dem Reederinnen-Dasein Berthas und Hannas liegt, sondern ihr gesamtes Leben widergegeben wird und es dabei häufig Zeitsprünge gibt. Diese großen Lücken verstärkten den Eindruck, eine Geschichte lediglich erzählt zu bekommen, statt sie mitzuerleben und erhöhten die Distanz zu den Figuren. 

Auch im Ende bleibt sich die Geschichte beziehungsweise die Autorin ihr treu - kein großer Knall und fast schon melancholisch. Ich gebe es zu, dass ich beim Lesen der letzten Sätze Enttäuschung verspürte, weil ich doch auf ein "schöneres" Ende gehofft hatte - im Nachhinein passt es jedoch so, da Berthas und Hannas Geschichte vor allem die eines Lebens voller Aufs und Abs ist. Und letztlich hatten die Beiden ja glückliche Zeiten, viel erreicht und für die damaligen Verhältnisse ein "spektakuläres" Leben geführt. Auch dass die erste Szene nie erklärt wird, enttäuschte mich - wem begegnete Bertha da und inwiefern war das ein wichtiger Moment?

Wundervoll gelungen ist es Cecilie Enger, die Zartheit und Beständigkeit dieser wahren (Liebes-)Geschichte einzufangen. Ich bin froh, dass sie die Zeitzeugnisse zu diesem Roman verarbeitet und somit das Leben von Bertha Torgersen und Hanna Brummenæs festgehalten hat. Und während sie den historischen Kontext veranschaulicht, sind doch auch die Bezüge zur heutigen Zeit, die Verbindungen, deutlich.

Was ich mir zudem noch gewünscht hätte, wäre eine Karte im Buch, um mit dem Zeigefinger mitreisen zu können. Im Gespräch auf der Buchmesse hat der Moderator zudem häufig auf Fotos verwiesen - ich dachte, die seien mit im Buch, aber vielleicht hatte er da auch eine norwegische Ausgabe?!

Kommentare

Ronja empfahl am 24. Juni 2024 um 16:36

... die vollständige Rezension:

https://oceanlove--r.blogspot.com/2024/06/aufs-meer-hinaus.html