Lesenswertes Buch
Bewertet mit 4 Sternen
Ich war mir erst nicht sicher, ob dieses Buch etwas für mich sein könnte, da ich mir nicht vorstellen konnte, wie der Alkohol in einem Buch eine so wichtige Rolle spielen könnte. In König Alkohol, begleiten wir den Schriftsteller Jack London klein auf. Er erzählt in diesem Roman die schlimmsten und prägensten Momente, in denen er mit König Alkohol in Kontoakt kam. Wie er seinem Vater, im Alter von fünf Jahren dabei half das Feld zu pflügen und in den Pausen für seinen Vater Bier zu besorgen. Dies war seine erste Begegnung mit König Alkohol. Er konnte sich nicht vorstellen, was die Erwachsenen so an diesem Gebräu fanden? Was war so schmackhaft an Bier und den anderen alkoholischen Getränken? Auf dem Heimweg, mit der randvollen Kanne Bier in der einen Hand, musste er es herausfinden, denn seine Neugier war einfach zu groß. Er kostete den bitteren Schaum des Bieres und wusste noch im selben Moment, dass das nicht der schmackhafte Part sein konnte und erinnerte sich daran, dass die Erwachsenen den Schaum wegpusteten. Also tat er es ihnen nach und trank dann vom goldenen Bier, doch auch hier wurde im noch selben Moment klar, dass er und König Alkohol keine besten Freunde werden würden, doch etwas hatte ihn dennoch in den Bann ziehen können und so versank der fünfjährige Jack in der Kanne, bis kaum noch etwas vom Bier übrig war und verrichtete betrunken seine Arbeit auf dem Feld weiter. Sein Vater hatte erst nicht mitbekommen, dass die Kanne fast leer und sein Sohn betrunken war.
Jack vermied dann den Alkohol so gut es ging, doch sein Schicksal lenkte ihn immer wieder dem König Alkohol entgegen und so kam es, dass er später bei einer Feier mehrere Flaschen Wein, wie Wasser seine Kehle hinunterjagte und die anderen Gäste in Staunen versetzte.
Jack musste schon früh in seinem Leben bei der Arbeit helfen, sei es auf dem Felde bei seinem Vater oder in der Konservenfabrik, später als Austernfischer usw. Immer wieder schlug er sich mit Arbeiten übers Wasser und immer wieder hatte er Geld für Alkohol übrig. So kam es, dass er seine ganze Jugend lang jeden Tag mit seinen Freunden nach der harten Arbeit in der Kneipe oder einer Bar saß und ein Glas Whisky nach dem anderen trank, obwohl er den Alkohol nicht einmal mochte. Er trank nur, um dadurch bei seinen Freunden nicht als Versager dazustehen und wollte so auch seine Männlichkeit bekanntgeben.
Doch später noch sieht er ein, dass der Alkohol ihm nicht immer das geben kann, was er gerne haben möchte, wie zum Beispiel Mädchen. Jack holte dann sein Abitur nach, büffelte wie kein anderer und brach dennoch sein Studium nach einem Semester ab und hielt sich dann mit der Schriftstellerei über Wasser. Denn Jack hatte schon immer viel und gerne gelesen und wollte sich nun an, als Schriftsteller versuchen und schrieb für viele verschiedene Magazine Kurzgeschichten und auch hin und wieder erfolgreiche Romane. Doch König Alkohol hatte mit Jack noch lange nicht abgeschlossen ...
Ich muss sagen, dass mich Jack London mit diesem Buch sehr überrascht hat - er zeigte die vielen Gedanken und Gefühle eines jungen Alkoholikers, der sich aber nie selbst als solch einen gesehen hatte. An seinen Schreibstil musste ich mich erst einmal gewöhnen, doch wenn man erstmal in der Geschichte drin ist, und sich mit den Charakteren und deren inneren Konflikten einlässt, eröffnet es eine Welt des schillernden und hinterhältigen Alkohols.
Auch wenn die Geschichte um ca. 1913 spielt, ist sie dennoch nicht alt und verstaubt und zeigt heute wie damals, das Leben eines Süchtigen. Er erzählte und betonte das ganze Buch über, dass er den Alkohol eigentlich gar nicht bräuchte und er sich nicht als Süchtig sieht. Da er nur in Gesellschaft trank und nie alleine (Was er sich aber später doch aneignete).
Besonders bewegend fand ich das vorletzte Kapitel in dem Jack London versuchte seine innere komplizierte Gefühlswelt dem Leser klar zu machen, was auf dem ersten Blick vielleicht verwirrend und bizarr erscheinen könnte. Doch beim genaueren Betrachten, erkennt man den inneren Konflikt von Jack, der sich vom Alkohol loslösen möchte, doch andererseits nicht ohne ihn kann, wie er es beschrieb, als er nicht einmal ohne drei Cocktails es schaffte, seine täglichen hundert Zeilen zu schreiben. Er versuchte seine durch den Alkohol, körperlichen Leiden stark geprägte, und depressive Gefühlswelt in Worte zu fassen.
Auch das Thema Tod fand in dem Buch einen Platz, gleichsamt neben dem König Alkohol, durch den er sich fast das Leben genommen hätte.
König Alkohol ist ein stark autobiographischer Roman, von Jack London, den ich jedem empfehlen kann, der sich mehr über das Thema Alkohol und seine dunkle Seiten beschäftigen möchte.