Lesenswertes Tagebuch einer schwierigen Entscheidung zur Flucht
Bewertet mit 5 Sternen
Und noch ein Tagebuch über den Ukraine-Krieg, über die ersten Tage und die letztendliche Entscheidung zur Flucht nach Deutschland. Zuerst fand ich es ein wenig naiv vom Stil her (die Katze machte 'heia'), doch ich fand es zunehmend ergreifend und erschütternd. Da leben wir hier im Frieden, haben unsere Lieben um uns, haben alles, was wir brauchen und jammern doch auf hohem Niveau. Einige. Mir hat dieses Buch noch einmal vieles klar gemacht, was ich eigentlich doch weiß: wie wertvoll das Leben ist, jeder einzelne Tag, wie dankbar wir für alles sein müssen, was wir haben.
Aber ich will nicht von uns schreiben, sondern von Julia, einer jungen Frau aus Kiew, die hier ihr Tagebuch veröffentlicht hat. Sie spricht fließend Deutsch, hat Germanistik studiert und eine Zeitlang hier gelebt. Aber die Ukraine ist ihre geliebte Heimat, wo ihre Eltern und ihre Freunde leben und irgendwann möchte sie wieder zurück.
Doch zuerst einmal stellt sie sich vor, erzählt ein wenig von sich und lässt uns dann ihr Tagebuch von Tag 1 – 16 lesen, mit Vor- und Nachwort. Wenn man hier in Frieden lebt, kann man sich gar nicht vorstellen, welche schrecklichen Entscheidungen man treffen muss, wenn man von Bomben und Raketen, vom Tod bedroht ist. Ihr Freund darf nicht ausreisen, ihre Eltern wollen nicht. Julia Solska flieht auch nicht gleich von Kiew nach Deutschland, sondern findet zuerst Zuflucht in einem kleinen Ort, dann in Lemberg und schließlich in Düsseldorf.
Die physischen Entbehrungen sind das eine, der unglaubliche psychische Druck ist das andere und genau das ist mir durch dieses Buch klar geworden, das und vieles mehr. Ein kleiner Lichtblick ist das Mitmenschliche, der Zusammenhalt der Menschen, wie sie sich gegenseitig helfen. Dieses arme geschundene Land! Zuerst Stalin, dann Hitler und jetzt Putin!
Auch dieses broschierte, relativ dünne Buch kostet € 14,95, aber hier wird ein Teil des Verkaufserlöses an eine ukrainische Wohltätigkeitsorganisation gespendet. Außerdem unterstützt man damit die Autorin; sie hat es verdient.
Ich wünsche diesem Buch ganz viele Leser und spreche eine uneingeschränkte Leseempfehlung aus.