Rezension

Licht im Dunkel der Vergangenheit

Der Unbekannte -

Der Unbekannte
von Christine Brand

Bewertet mit 5 Sternen

Nathaniel hat als Einziger seiner Familie überlebt. 30 Jahre ist es her, dass sein Vater alle umbrachte. Das Trauma seiner Kindheit holt ihn seither immer wieder ein. Jetzt ist es an der Zeit, sich den damaligen Ereignissen zu stellen. 

„Der Unbekannte“ der Autorin Christine Brand ist der vierte Teil um Milla Nova, eine Journalistin, welche sich laufend in kriminalistische Ermittlungen verstrickt.

Krimis lese ich mittlerweile selten, obwohl ich früher kaum die Finger davon lassen konnte. Dazu kommt, dass ich mit Reihen an sich weniger Freude habe, weil es sich für mich teilweise so anfühlt, als ob jeder Einzelband zur einer Never-Ending-Story mutiert. Trotzdem hat es Christine Brand ein weiteres Mal geschafft, dass sie mich gebannt an die Seiten fesselt und ich mich gleich wieder auf den nächsten Teil freue.

An dieser Reihe gefallen mir der unaufgeregte Handlungsaufbau und die authentischen Figuren. Damit meine ich, dass der Fall, die Ermittlungen und das Verhalten der Charaktere auf mich realistisch wirken. Auf mich macht es durchaus den Eindruck, als ob dies tatsächlich so geschehen könnte.

Bei „Der Unbekannte“ stellt sich Nathaniel seiner Vergangenheit. Er ist - meinem Eindruck nach - der heimliche Hauptdarsteller der Reihe. Vor 30 Jahren hat sein Vater die Familie getötet. Der damals kleine Nathaniel kam zwar mit dem Leben davon, verlor aber das Augenlicht.

Als Erwachsener hat er mit Journalistin Milla Freundschaft geschlossen und sie sind sich bei allen bisherigen Fällen gegenseitig in die Arme gestolpert. Dabei sind absolut keine amourösen Avancen im Spiel.

Nathaniel versucht also Licht, ins Dunkel seiner Vergangenheit zu bringen. Dabei stößt er auf Ungereimtheiten, sogar, als es um die offiziellen Polizeiakten geht. Langsam fragt er sich, ob der Mörder von damals in Freiheit lebt. Außerdem fürchtet er, dass die Polizei, und damit Millas Lebensgefährte, mit dem Täter unter einer Decke steckt.

Es war so ein genialer Fall! Aus einem persönlichen Drama hat die Autorin ein Glanzstück von einem Krimi erschaffen, der mich von Anfang bis Ende begeistert hat. Hinzu kommt eine höchst interessante Nebenhandlung, die zum Schluss für ein weiteres leises „Wow“ sorgt.

Der Fall reicht zurück bis in den Kalten Krieg, zu europäischen Terror-Verbänden und Staatsgeheimnissen, die mittlerweile längst vergessen, deren Konsequenzen aber bis heute spürbar sind.

Für die Lösung des Falls oder der Fälle, ist manches Mal der Zufall im Spiel. Für mich hat es ungeachtet dessen gepasst, weil die Geschichte ansonsten nicht vorangekommen wäre. Ich habe diesen Plot geliebt, gebannt gelesen und mir ist kein Ereignis als ungeeignet oder zu gewollt erschienen.

Obwohl private Angelegenheiten sowie Ermittlungen ineinandergreifen, und es durchaus dramatisch zugeht, wirkt es auf mich zu keinem Zeitpunkt überladen. Christine Brand setzt behutsam einen persönlichen Rahmen um die Ereignisse, ohne das hauptsächliche Geschehen aus den Augen zu verlieren.

Für mich ist „Der Unbekannte“ das Highlight der bisherigen Bände und ich bin sehr gespannt, worum es sich im nächsten Teil „Der Feind“ drehen wird.

Die Reihe:
1) Blind
2) Die Patientin
3) Der Bruder
4) Der Unbekannte
5) Der Feind