Rezension

Linz am Vorabend des Zweiten Weltkriegs

Donaudämmerung - Thomas Buchner

Donaudämmerung
von Thomas Buchner

Bewertet mit 5 Sternen

~~Seit dem „Fall Schinagl“ hat sich einiges in der politischen Landschaft verändert und Österreich hat zu existieren aufgehört. Es ist als „Ostmark“ Teil des Deutschen Reiches. Der Linzer Bezirksinspektor Josef Steininger hat nur mehr wenige Jahre bis zu seinem wohlverdienten Ruhestand, die er eher gemächlich zu verbringen gedenkt. Doch die Ermordung der Ernestine Bremstaller im August 1939 bringt Unruhe in die Abteilung II a.

Es geistert nämlich das Gerücht herum, die Tote sei eine Tante von Hermann Göring und hätte erst vor kurzem eine große Erbschaft gemacht. Die angebliche Verwandtschaft mit dem Reichsmarschall ruft die Gestapo auf den Plan, die sich selbstredend in die Ermittlungen einmischt. Sedlak und Wögerer schießen sich schnell auf einen bestimmten Hausbewohner aus dem Wohnhaus der Ermordeten ein, obwohl mehrere der Hausparteien ein Motiv hätten.

Ist der Mord politisch motiviert oder eine Beziehungstat oder geht es wieder einmal „nur“ um den schnöden Mammon?

Meine Meinung:

Neben Bezirksinspektor Steininger, der in seiner geistigen und körperlichen Behäbigkeit wohl den trägen österreichischen Beamten darstellt, gibt es wieder eine Menge Nebendarsteller, die ihm Paroli bieten oder ihn zur Weißglut bringen. Da ist zum einen der schwerhörige Heumader, der in seiner Unsicherheit einige Fehler macht und der ehemalige Kollege Sedlak, der nun bei der Gestapo ist und ein wachsames Auge auf Steininger hat. Doch es scheint, dass er sich in der Gesellschaft (noch) nicht ganz wohl fühlt. Manches Vorgehen, wie die Entscheidung sich auf Kommerzialrat Berger als Täter festzulegen, kommt ihm als Kriminalpolizisten ein wenig vorschnell vor. Und der plötzliche Abgang von Wögerer, der für seine effizienten Verhörmethoden bekannt ist, lässt Sedlak ein wenig nachdenken.
Eine neue Figur ist Anna Rabitsch, die Kriminalassistentin aus Wien, die Steininger dienstzugeteilt ist. An Steiningers Verhalten ihr gegenüber, sieht man deutlich, dass er von Neuerungen wenig hält. Ihm ist ein geordneter Tagesablauf, der eine Vormittagsjause enthält wichtiger, als eine systematische Mordermittlung.
Anna Rabitsch geht die Ergebnisse der Befragungen analytisch durch und kommt dadurch dem wahren Täter auf die Spur, an dem aber niemand Interesse zu haben scheint.

Doch nicht nur die handelnden Personen oder die Mordermittlung stehen hier im Mittelpunkt: Nein, es dieses Klima der Verunsicherung, der Propaganda („Die Polen wollen uns Danzig wegnehmen.“) und, wenige Tage vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, die immer stärker werdende Feindseligkeit den Juden gegenüber. Sehr subtil beschreibt Autor und Historiker Thomas Buchner, wie besorgte Mütter ihren Söhnen den Zugang zum Futtertrog (in dem Fall zur SS) ebnen und auch vor Erpressung und Anstiftung zur Urkundenfälschung nicht zurückschrecken.

Sehr gut finde ich den Hinweis auf Mauthausen oder Dachau, denn vor allem bei den Behörden im Umland wird der Zweck der Lager, wenn auch nicht in allen Einzelheiten, bekannt gewesen sein. Sich später darauf auszureden, nichts davon gewusst zu haben, ist eher unglaubwürdig.

Mit diesem zweiten Fall für Josef Steininger hat der Autor einen fesselnden Krimi geschrieben, indem der österreichische Schlendrian dem neuen Zeitgeist gegenübergestellt wird. Die Spannung ist hoch und das Ende doch ein wenig überraschend.

Der Ausspruch Steiningers (S. 87) „ .. wir da von der Polizei haben mit der Gerechtigkeit gar nix am Hut.“ Klingt sehr prophetisch, denn er weist darauf hin, was auf die Menschen noch zukommen wird.

Fazit:

Ein historischer Krimi, der einen in eine Zeit versetzt, in der Recht und Gerechtigkeit nicht immer im Einklang stehen. Gerne gebe ich wieder 5 Sterne und eine Leseempfehlung.