Rezension

Londoner Hochhausleben

The Lubetkin Legacy - Marina Lewycka

The Lubetkin Legacy
von Marina Lewycka

Bewertet mit 3.5 Sternen

Berthold Sidebottom hat es nicht leicht. Die Theaterkarriere liegt auf Eis, die Ehe zerbrochen in Trümmern, mit Anfang 50 wohnt er wieder bei der lieben Mama Lily. Doch auch diese Idylle ist schnell zerstört als Lily überraschend stirbt. Statt in Trauer zu vergehen, muss Bertie handeln. Eine Ersatzmama muss her, denn sonst ist die Wohnung schneller weg als er schauen kann. Und gerade ist doch in der Nachbarwohnung die verheißungsvolle Violet eingezogen, ein Grund mehr um am aktuellen Wohnort zu hängen. Violet dagegen muss sich erst mal in ihrem neuen Job behaupten; und dann lässt sie sich auch noch auf einen Kampf mit den Behörden ein, denn der Hochhausgarten mit den blühenden Kirschbäumen ist bedroht.

Marina Lewycka erzählt in leichtem Ton und sehr flüssig von den großen Kleinigkeiten, die das Leben so schreibt. Ihre Charakterzeichnung ist sehr treffend, gerade Bertie war mir jedoch einfach nicht so wahnsinnig sympathisch. Er spielt den armen Trauerklos, steigert sich in seine Shakespearemanie, ist ungesund auf George Clooney fixiert (sie teilen Geburtsdatum und Beruf) und hat außerdem eine sehr verquere Vorstellung davon wie Frauen so sind und wie man sie behandeln sollte. Violet als Gegenpart gefiel mir da schon besser, ihre kenianische Herkunft und ihr beruflicher Hintergrund waren sehr interessant. Eine gewisse Naivität will ich mal ihrem Alter von knappen 20 Jahren zuschreiben. Leider verliert ihre Person immer mehr Bedeutung für die Haupthandlung, sodass sie zuletzt nur noch als kleiner Nebenläufer fungiert. Ein echter Gewinn für die Geschichte ist Berties Ersatzmama, die eine gehörige Portion ukrainischen Charme in die Londoner Welt mitbringt und mit ihrem Sprachenmischmasch für den einen oder anderen Schmunzler sorgt.

Insgesamt hat mich The Lubetkin Legacy gut unterhalten, leider wurde ich mit Bertie nicht so recht warm und der Verlauf der Geschichte bzw. das Auseinanderlaufen der beiden Hauptpersonenstränge fand ich nicht sehr gelungen. Trotzdem werde ich der Autorin treu bleiben, denn ihr Sprachwitz und ihre Art von Humor haben es mir angetan.