Rezension

Manchmal reicht tatsächlich ein kurzer Text!

Finsterau -

Finsterau
von Andrea Maria Schenkel

Bewertet mit 4 Sternen

»Vielleicht hatten sie recht, und er war es gewesen, aber er war doch nicht verrückt. Er stand auf und lief wieder in der Zelle umher.«

Für alle, die am Tatort waren und natürlich auch für jedes Mitglied der kleinen Dorfgemeinschaft mitten im Bayerischen Wald ist der Fall klar: Johann Zauner, ehemaliger Streckenarbeiter, hat an einem schwülen Julitag des Jahres 1947 seine Tochter und den kleinen Enkel erschlagen. Auch das Motiv liegt auf der Hand, der strenggläubige Johann konnte es einfach nicht ertragen, dass seine Tochter mit einem unehelichen Kind Sünde auf sich und Schande über die Familie gebracht hatte.

 

Aber ist der Fall wirklich so einfach? Rückblicke der Beteiligten formen nach und nach für den Leser ein Bild der Ereignisse, dabei werden auch die Einzelschicksale deutlich. Der Autorin gelingt es dabei, eine sehr dichte, beängstigende Atmosphäre aufzubauen. Ich mochte das Buch nicht aus der Hand legen, fühlte, wie alles unweigerlich in die Katastrophe steuerte und erkannte, wie viele Opfer es in dieser Geschichte tatsächlich gibt.

 

Als Vorlage diente ein historischer Kriminalfall aus der Nachkriegszeit, der allerdings nicht in Finsterau stattfand. Das war vermutlich der Grund, weshalb das Buch in meinem Regal landete, obwohl es so kurz ist. Historische und reale Fälle reizen mich einfach sehr! Meist stelle ich fest, dass eine gute Geschichte Zeit braucht, sich zu entwickeln, aber manchmal beherrscht ein Autor bzw. eine Autorin die Kunst, eine fesselnde Story auf wenigen Seiten unterzubringen. Hier ist das gelungen.

 

Fazit: Intensives, bedrückendes Zeitzeugnis. Manchmal reicht tatsächlich ein kurzer Text!