Rezension

Mcht einen vergessenen Krieg sichtbar

Der Schattenkönig -

Der Schattenkönig
von Maaza Mengiste

Bewertet mit 3 Sternen

Es ist das Jahr 1935 als Mussolinis Truppen in Äthiopien einmarschieren.  Haile Selassie, der Kaiser des Landes flieht nach England ins Exil und überlasst sein Land und die Menschen ihrem Schicksal. Die junge Waise Hirut dient als Leibeigene bei Kidane einem Offizier des Kaisers, und dessen Frau Aster. Noch versuchen die äthiopischen Krieger sich gegen die Invasoren zu verteidigen. Doch nicht nur Männer, sondern auch die Frauen, die Bediensteten bilden ein Gefolge der Soldaten. Hirut entsinnt die Liste einen Doppelgänger des Kaisers zu installieren, um dem Volk Mut zu machen.

Die Schriftstellerin Maaza Mengiste ist in Addis Abeba geboren. In ihrem Buch Der Schattenkönig, mit dem sie auf der Shortlist für den Booker Prize stand, verarbeitet sie die Geschichte ihres Heimatlandes und ihrer Familie. Macht einen vergessenen Krieg sichtbar.

Was ist es was wir mit Äthiopien verbinden können? Vielleicht haben wir die Bilder hungernder Kinder vor Augen. Vielleicht wissen wir auch von einer Revolution in den 1970 gegen den zu diesem Zeitpunkt noch immer herrschenden Haile Selassie. Dass aber in diesem afrikanischen Land schon Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg ein blutiger Krieg geführt wurde, ist eventuell unserem Bewusstsein entschwunden. Ohne Vorwarnung und unter Begehung zahlreicher Kriegsverbrechen, wie die Anwendung von Giftgas und systematischen Erschießungen, fällt Italien unter der dem Regime des Duce in Äthiopien ein. Es ist ein grausamer Krieg. Ebenso grausam ist die Erzählung dieses Buches.

Damit das Buch einigermaßen erträglich wird, wählt die Autorin eine kunstvolle Art des Erzählens. Der Erzählfluss wird immer wieder von Zwischenrufen eines Chores unterbrochen, der mahnt, erinnert, anklagt und an die großen Tragödien des griechischen Dramas denken lässt. Gleichzeitig fühlt man sich aber mit der Erzählerin unter dem Palaverbaum sitzend und erleben afrikanische Erzähltradition.

Die Protagonistin Hirut hat den Krieg überlebt. Gleich zu Beginn des Buches begegnen wir ihr als alter Frau, die eine Schachtel mit Fotografien bei sich hat. Zu jeder Abbildung erfahren wir im Laufe des Romans einen Namen, ein Schicksal. Die Opfer bekommen ein Gesicht. Hiruts Handeln ist nicht immer schlüssig nachvollziehbar, zu kompliziert ist ihre von Gewalt und Widerstand geprägte Beziehung zu Kidane und Aster und zu Ettore, dem italienischen Kriegsfotografen der Invasoren.

Ettores Familiengeschichte hilft bei der zeitlichen Einordnung des Romans. Außerhalb dieses Nebenstranges könnte der Krieg der Italiener gegen Äthiopien zu irgendeinem Zeitpunkt stattfinden. Mit Ettores jüdischen Hintergrund funktioniert das europäische Gedächtnis und rückt die Handlung dorthin, wo sie hingehört, in den Vorabend des Zweiten Weltkrieges.

Kunstvoll gegen den Krieg anzuschreiben ist eine schwierige Angelegenheit und macht die Lektüre extrem fordernd. Vielleicht ist es einfach nicht das richtige Buch zu lesen in einer dunklen sorgenvollen Zeit.