Rezension

#me too und Männerfreundschaften

Neuer Roman (AT) -

Neuer Roman (AT)
von Benjamin von Stuckrad-Barre

Bewertet mit 4 Sternen

Schlüsselroman?

Ich hatte im Vorfeld einiges über das Buch gehört und die Disskussionen, ob es denn nun ein Schlüsselroman oder reine Fiktion sei, am Rande verfolgt. Und da ich bislang kein Buch von Benjamin von Stuckrad-Barre gelesen hatte, so wurde eben "Noch wach?" mein erstes.

Zum Inhalt wurde ja schon einiges geschrieben. Es geht um #me too in den USA und bei einem großen Medienhaus in Deutschland. Es geht um Männer, die ihre Position, ihre Macht ausnutzen um sexuelle Gefälligkeiten zu erlangen, es geht um Solidarität und es geht um Freundschaft. Und es geht um den schwierigen Kampf der betroffenen Frauen. Es geht auch um Abhängigkeiten, in der Politik, der Wirtschaft aber auch von Drogen.

Der Schreibstil hat mir nach anfänglichen Problemen gut gefallen. Es gibt einige sehr klischeehafte Darstellungen. Allerdings kenne ich mich in der Medienwelt und in den Kreisen, in denen der Erzähler verkehrt nicht aus. Deshalb kann ich auch nicht beurteilen, wo die Realität aufhört und das Klischee und die Satire beginnt. Es gibt Medienhäuser, denen traue ich alles zu.

Interessant fand ich die Beziehung des Erzählers zu seinem Freund. Wie er versucht, die Freundschaft trotz der grundlegenden Differenzen und Ansichten zu bewahren.

Nach dem Lesen bleibt für mch die Erkenntnis, dass #me too noch lange nicht zu Ende ist und der Kampf gegen Machtmissbrauch wichtiger denn je ist. Und die Frage: Wie weit kann/will ich mich verbiegen, Dinge nicht ansprechen um eine Freundschaft zu erhalten? Was ist so eine Freundschaft wert?

Meiner Meinung nach, ist dieses Buch kein Meilenstein der #me too Bewegung, das soll es glaube ich auch nicht sein. Aber es enthält viele Punkte, über die sich ein Nachdenken lohnt: Freundschaft, Abhänigkeiten, Macht und Machtmissbrauch, Opfer sein/werden und der Umgang damit.