Rezension

Mehr als nur ein einfacher Frauenroman

Aschenpummel - Nora Miedler

Aschenpummel
von Nora Miedler

Mit Anlauf in jedes Fettnäpfchen.

Teddy Kis kennt die Probleme des Lebens zu gut. Ihre ständig nörgelnde Mutter kontrolliert auch nach 32 Jahren noch fanatisch das Leben der Tochter und ein B-Körbchen ist in weiter Ferne. Dafür sind Reiterhose und Cellulitis die ständigen Begleiter der pummeligen Schuhverkäuferin, die verzweifelt mit ihrer Jungfräulichkeit hadert. Dass die Schwester Modelmaße besitzt und gleichzeitig noch ein abgeschlossenes Universitätsstudium vorweisen kann, lässt Teddys Ego nicht gerade ins Unendliche steigen. Doch Teddy sieht täglich Licht am Ende des Tunnels. Jeden Abend besucht sie die Buchhandlung des zurückhaltenden Herrn Nemeth, der durch seine Augenklappe zugleich geheimnisvoll und anziehend auf sie wirkt.

Irgendwann ist klar, etwas muss sich in Teddys Leben ändern. Daher beschließt sie, das Herz des Piraten, wie sie Herrn Nemeth heimlich nennt, im Sturm zu erobern. Doch das ist gar nicht so leicht. Sie tritt mit Anlauf in jedes Fettnäpfchen und muss sehen, dass es gar nicht so leicht ist, das Herz eines schüchternen Mannes für sich zu gewinnen. Gleichzeitig merkt Teddy jedoch, dass sie sich selbst auch verändert. Und plötzlich gerät sie nicht nur in den Fokus des Herrn Nemeth, sondern auch in den des attraktiven Zahnarztes Hubertus Strohmann. Für Teddy beginnt die wohl spannendste Zeit in ihrem Leben – schließlich muss sie neben all dem Liebeschaos noch die verschwundenen Erinnerungsstücke ihres verstorbenen Chefs an Frank Sinatra wiederfinden.

“Aufgeregt fuhr ich an meinem linken Oberschenkel entlang. Ja, da waren sie. Scheiße! Was war ich nur für eine Frau? Welche Frau auf dieser Welt ließ zwei volle Quadratzentimeter Schamhaar auf ihrem Oberschenkel stehen? Welche andere Frau hatte überhaupt Schamhaare auf dem Oberschenkel? Ich zerrte an der Badehose und zog sie soweit es ging nach links. Blödsinn. Ich versuchte mir die Haare auszurupfen, was zur Folge hatte, dass die Tränen in meine Augen traten und mir das knallige Rot meiner Haut sogar hier in der dunklen Kabine entgegenleuchtete. Ich hätte mich umbringen können.” – Seite 222 –

Ein witziger Roman, der gar nicht in die Schublade des “Frauenromans” passen will.

Als ich Aschenpummel aufschlug, erwartete ich einen witzigen Frauenroman, der mir jede Menge Unterhaltung bieten würde. Beim Lesen wurde mir dann jedoch immer mehr bewusst, dass ich nicht lediglich einen humoristischen Roman in den Händen hielt, sondern zugleich ein kleines Büchlein voller Lebensweisheit. Im Gegensatz zum Klischee der tollpatschigen Traumfrau in der Literatur, die trotz Kleidergröße 36 voller Selbstzweifel durch Leben stolziert, ist die Rolle der Teddy echt und ungeschönt.  Sie entspricht nicht dem Klischee, das uns in Frauenzeitschriften gerne als Durchschnittsfrau verkauft wird. Teilweise ist Teddy allerdings ein echtes Unikat und es gab tatsächlich einige Momente, in denen ich ganz dankbar dafür war. Dabei dachte ich immer, ich wäre hart im Nehmen. Anscheinend wohl doch nicht.

Die Charaktere, denen Teddy im täglichen Leben begegnet, sind stark überzeichnet, allerdings gleichzeitig absolut menschlich und somit liebenswert. Von der furchtbaren Mutter vielleicht abgesehen. Naja, Hubertus ist auch eher eine spezielle Sorte Mensch. Und als Sigi, so heißt der Pirat nämlich mit Vornamen, seine Augenklappe plötzlich gewechselt hat, habe ich auch nicht schlecht gestaunt. Trotzdem! Sie bereichern die Geschichte und verleihen ihr immer wieder den nötigen Humor, der manchmal durchaus schwarz und absurd, jedoch gleichzeitig meist klug war. Gerade deswegen warAschenpummel für mich absolut lesenswert.