Rezension

Mehr Fantasy als Thriller

Der Judasfluch - Scott McBain

Der Judasfluch
von Scott McBain

Bewertet mit 4.5 Sternen

Dreißig Silberlinge waren einst der Lohn des Judas für seinen Verrat an Jesus. Doch nur 27 Münzen liegen sicher verwahrt in den Gräbern der Päpste Petrus und Silvester. Die letzten drei sind verschollen. Sollte ein solcher Silberling im Vatikan in falsche Hände gelangen, so heißt es, wird die heilige römische Kirche fallen. Als der kalifornische Gerichtspsychiater Paul Stauffer bei einer Wette von einer flüchtigen Bekannten einen Kuss und eine Silbermünze empfängt, hält er das Ganze für ein amüsantes Gesellschaftsspiel. Doch dann gehen merkwürdige Veränderungen mit ihm vor ...

Das Buch beginnt äußerst vielversprechend: mit einer sehr guten Idee, die biblische Geschichte der Judas-Silberlinge mit alten Kirchenlegenden zu einem spannenden Plot zu verknüpfen.
Hervorragend auch die Charaktere, in die man sich nach kurzer Zeit einfühlt und die man nicht mehr missen möchte.
In die entschieden atheistische und vermeintlich "wissenschaftliche" Weltsicht eines Starpsychologen lässt der Autor nun diese mystische Welt langsam einsickern.
Was als spannender "Thriller" beginnt, kippt dann in der zweiten Hälfte jedoch endgültig in die mystische Richtung: Dämonen geleiten Charaktere durch Astralebene, Pentagramme flammen und Heilige und der Papst beten gegen einen (ebenfalls biblischen, ich verrate aber nicht, wer) Oberschurken an.
Es ist eine "erzkatholische" Welt, in der Päpste, Kardinäle und heilige Nonnen das letzte Bollwerk gegen das Übel bilden, andere Religionen (einschließlich des evangelischen Glaubens) nur am Rande und dann auch meist negativ vorkommen (was übrigens keinesfalls der Lehre der katholischen Kirche entspricht, die immerhin z.B. seit Jahren das Weltfriedensgebet der Weltreligionen in Assisi unter Beteiligung des Papstes begeht!) und in der die zuvor so liebevoll gezeichneten Charaktere schließlich nur noch auf der Flucht vor den machtvollen Manifestationen des Bösen sind. Nach einer geradezu kosmischen Schlacht wartet der Autor schließlich mit einer gelungenen Schlußpointe auf...
In der Summe: wer sich einmal auf eine dualistische Weltsicht des katholischen Mittelalters (samt eifriger Zitierung des "Hexenhammers") einlassen will, der wird hier prächtig bedient. Wer es jedoch gerne etwas subtiler und differenzierter mag wird sich womöglich etwas überrollt vorkommen.

Meiner Meinung nach erreicht man nicht wirklich das richtige Publikum, wenn man unter den Titel des Buches Thriller schreibt.

Der Beginn des Buches ist noch recht realistisch gehalten, letzendlich wird es dann aber vollkommen abgedreht. Das aus diesem Grunde viele hier von dem Buch enttäuscht sind, ist durchaus verständlich. Wenn man das Buch allerdings als das bewertet, was es ist und nicht das, was es vorgibt zu sein, dann komme zumindest ich nicht umhin, dem Buch eine gute Bewertung zu geben.