Rezension

Mein schönes, vernarbtes „Ich“

Ich bin so frei - Ille Ochs

Ich bin so frei
von Ille Ochs

Nach ihrem ersten Buch, „Im Käfig der Angst“, in dem Ille Ochs von dem sexuellen Missbrauch in ihrer Kindheit erzählt, wagt sie in diesem Buch, zusammen mit ihrem Leser, den Weg heraus aus dem Käfig, oder aus dem Stall. Das Buch beginnt nämlich mit der Beschreibung eines Pferdes, das nur zögernd aus seinem Stall tritt, schließlich aber ausgelassen über die Wiese tobt. Das ist ein Bild für unser Leben. Wie ungern verlassen wir unseren vertrauten Stall oder Käfig, auch wenn wir uns nach der Freiheit sehnen, die draußen auf uns wartet.

Ille Ochs zeigt anhand von vielen Beispielen, was uns alles gefangen halten kann. Das kann die Angst sein andere zu enttäuschen, das Gefühl sich selbst verleugnen zu müssen, es können aber auch prägende Sätze unserer Kindheit oder unsere falsch verstandenen Glaubensüberzeugungen sein. 

Der Weg zur Freiheit, so schreibt so, beginnt mit dem Kennenlernen und Annehmen des Inneren Kindes. Mit überzeugenden Beispielen zeigt sie, dass zur Freiheit auch gehört sich den anderen zuzumuten. Wir müssen nicht nur unsere perfekte Seite zeigen. Gerade unsere Schwächen können eine Ermutigung für andere sein. Das Buch schließt mit Gedanken über Spiritualität. Wer sich selbst gefunden hat, kann sich nach Gott ausstrecken und von ihm inspiriert werden.

„In diesem Buch geht es um Lebendig-Sein, Ganz-Werden, um ein gestärktes, echtes, authentisches Ich.“ So fasst Ille Ochs das Anliegen ihres Buchs zusammen. Neben vielen Beispielen aus ihrer Beratungspraxis und der Tanztherapie, finden sich immer wieder Fragen, damit der Leser das Gelesene vertiefen und auf sein eigenes Leben übertragen kann. Der Glaube der Autorin steht im Mittelpunkt ihres Lebens, das ist deutlich zu spüren. Aber weil sie selbst schlechte Erfahrungen mit einem übergestülpten Glauben gemacht hat, ist es ihr sehr wichtig jedem den Freiraum zu geben Spiritualität auf seine eigene Weise zu (er)leben.

„Abgeschminkt, vernarbt und wunderschön“ – der Untertitel ist eine gute Zusammenfassung dieses Buchs. Narben bleiben nach traumatischen Erlebnissen zurück, aber sie werden zu einem Teil der Identität und Schönheit einer jeden Frau. Dieser Ratgeber ersetzt sicher keine Therapie, kann aber ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Heilung sein.