Rezension

Melancholisch-amüsante Geschichten

Das Pferd, das den Bussard jagte - Maarten 't Hart

Das Pferd, das den Bussard jagte
von Maarten 't Hart

Bewertet mit 4 Sternen

12 Geschichten aus dem Leben Maarten 't Harts - zumindest erwecken sie diesen Eindruck, da er fast in allen namentlich als Hauptperson in Erscheinung tritt, als Kind, Jugendlicher und Erwachsener. Dennoch bleiben Zweifel, ob tatsächlich 'nur' die Erinnerung hier die Feder führte oder nicht doch zumindest gelegentlich die Phantasie die Führung übernahm. Aber wie auch immer, schön sind die Erzählungen in jedem Fall und wer Maarten 't Harts Stil mag, wird auch hier auf seine Kosten kommen.
Man lernt sein Leben in der niederländischen Provinz kennen, die stark religiös geprägt und (wie wohl überall) nicht frei von Bigotterie und Heuchelei ist. Beispielsweise die Kirchenältesten, die bei Hausbesuchen ein frommes Verhalten einfordern das sie selbst nicht einhalten können oder das Misstrauen mancher Kirchenmitglieder dem neuen Pastor gegenüber, der zwar grandiose Predigten hält, aber ein derart unkonventionelles Verhalten an den Tag legt, dass irgendetwas nicht mit ihm stimmen kann. Ungewöhnliche Menschen werden beschrieben, die durch eigentümliche Verhaltensweisen (Onkel Job mit seinen 'Trauerbesuchen'), besonderen Fähigkeiten (der Onkel der noch nie ein Damespiel verlor) oder aussergewöhnlichen Kenntnissen (der alte Mann mit seinem Klassikwissen) herausragen oder einfach durch Skrupellosigkeit (Onkel Klaas, der bescheisst wo's geht). Ebenso wie Erlebnisse, die den Autor stark berührten und vielleicht noch immer beschäftigen, wie seine Empfindsamkeit beim sommerlichen April (Ist der Weltuntergang nahe?), die Verliebtheit während eines Kongresses und das daraus resultierende Nachdenken über die Ehe, seine Gesundheitsprobleme sowie die Auswirkungen, die sein Buch über Ratten auf eine Leserin hatte. Allen gemeinsam ist ein melancholischer Grundton, der aber immer wieder durch die amüsante Schilderung des Erlebten unterbrochen wird.
Maarten 't Hart gelingt es in den meist sehr ruhigen Erzählungen, dass einem beim Lesen diese seine Welt ganz nahe rückt und man das Gefühl hat, direkt an seiner Seite zu stehen.