Rezension

Melancholisches Wohlfühlbuch

Das Haus der Gezeiten - Elisabeth Gifford

Das Haus der Gezeiten
von Elisabeth Gifford

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt: 
Harris, Schottland in  den 90er Jahren: 
Ruth ist mit ihrem Mann Michael hergezogen um sich ein Bed& Breakfast aufzubauen. Dafür haben sie ein Cottage gekauft und sanieren es gemeinsam. Ruth hat gerade erfahren das sie schwanger ist und alte Ängste plagen sie. Denn ihre Mutter hatte sie mit 12 Jahren alleine gelassen, sie hatte Selbstmord begangen und Ruth war daraufhin von einer Pflegefamilie zur nächsten ins Heim gekommen. Und dann wird unter dem Cottage - dem alten Pfarrershaus wie Ruth erfährt - die Knochen eines Säuglings gefunden. Ruth fängst an nachzuforschen... 

Harris, Schottland 1860er Jahre: 
Alexander ist der neue Pastor auf der Insel und fühlt sich schnell sehr wohl. Er hat eine Einheimische angestellt die ihm das Essen kocht und den restlichen Haushalt führt. Zu dem interessiert er sich sehr für die alten Sagen und Mythen über Selkis und Meerjungfrauen. Durch die Darwinschen Erkenntnisse gestützt ist er  sicher das er einen wissenschaftlichen Beweis finden kann und ein Mischwesen zwischen Mensch und Fisch existiert haben muss. Doch dann trifft der junge Pastor Lady Marstone, die Tochter des hiesigen zuständigen Lords kennen und das setzt Ereignisse in Gang die Alexander so nie vorhergesehen hätte... 

Meine Meinung: 
Für diesen Roman habe ich etwas länger gebraucht. Es scheint so als ob es erst wieder etwas herbstlicher werden musste, damit ich ihm die nötige Aufmerksamkeit schenken konnte. Denn der Roman ist alles Andere als fröhlich. Im Gegenteil, die Handlung ist oft  eher traurig und erschütternd. 

Da ist aber auch die wunderbare Verknüpfung alter Mythen, Sagen und Legenden die sich um Selkies und Meerjungfrauen drehen und sich auf einmal eine für mich unerwartete Verbindung auftat. Gerade die Verknüpfung der Vorstellungen von Menschen aus dem 19. Jahrhundert und den damaligen Erkenntnissen ist der Autorin sehr gut gelungen. Wer sich näher mit den Themen beschäftigen möchte kann dabei auch auf die Literatur zugreifen, die die Autorin benutzt hat. Der Roman hat ein Literaturverzeichnis. Zwar nur auf englisch aber immerhin kann man trotzdem nachvollziehen, woher die Autorin ihre Informationen hatte. Einzig ein Nachwort von ihrer Seite hat mir gefehlt, ich finde das hätte alles noch einmal abgerundet. 

Die Handlung selbst ist in drei Erzählstränge aufgeteilt, wobei zwei davon in der Vergangenheit angesiedelt sind. Alexander, Moira und Ruth. 
 Oft ist es so das ich dann bestimmten Figuren den Vorzug gebe, doch dieses Mal hat mich jede der Figuren in den Bann gezogen und ich konnte es immer wieder kaum erwarten von der jeweils anderen zu Lesen, wenn ich grade mit einer davon beschäftigt war. Elisabeth Gifford schafft es sogar die beiden Zeiten miteinander zu Verknüpfen. Sie stehen durch die Geschichte nicht allein sondern sind verbunden ohne das es unlogisch oder zu konstruiert wirkt. Im Gegenteil, für mich ergab sich ein stimmiges Bild und ich habe mich beim Lesen sehr sehr wohl gefühlt. Und das obwohl es eben immer wieder eher traurig und melancholisch zugeht. Nun ja, zugegebener Maßen hat wohl genau das mir so gut gefallen.  Trotzdem ist "Das Haus der Gezeiten" nicht trostlos oder ohne Hoffnung.
Im Gegenteil ich finde es ist ein Wohlfühlbuch das auch die Stimmung auf den Inseln mit einfängt und man hat immer wieder das Gefühl die Menschen getroffen zu haben, das Meer zu riechen und sich eine der Geschichten über Selkies wirklich gelauscht zu haben.