Rezension

Miriams Vergangenheit

Nordfinsternis - Ricarda Oertel

Nordfinsternis
von Ricarda Oertel

Bewertet mit 4.5 Sternen

Miriam hat seit der Geburt ihre Tochter Pia Panikattacken und einen Kontrolltick. Sie versteht die Welt nicht mehr, hat sie doch Alles was Andere sich so sehr wünschen. Eine kleine perfekte Familie in einem schönen Haus, eine interessante Arbeit und Freunde. Zu ihrer Mutter hat sie kein gutes Verhältnis, dabei weiß sie nicht, warum dies so ist. Nach dem Tod ihrer Tante Edith beginnt sie deren Haus auszuräumen, Erinnerungen die sie nicht einordnen kann, werden in ihr wach. Nach und nach werden die Geheimnisse und Familiengeflechte offenbar.

Die 256 Seiten sind in 21 Kapitel unterteilt, so dass man die Lektüre gut unterteilen oder unterbrechen kann.  Der Erzählstil im Präsens ist wunderbar flüssig und bildhaft, so dass man alles mitzuerleben meint. Die bildhafte Sprache ist eine schöne Abgrenzung zu anderen Büchern. Einige Passagen in Kursivschrift erläutern die mysteriösen Gedanken eines Unbekannten, so dass die Spannung gut gehalten wird.

In Miriams Kindheit gibt es vieles, was sie neu entdecken muss, aber auch in der Gegenwart lauern Gefahren und Geheimnisse. Unterstützt wird Miriam von ihrem Mann Arne und Freundin Hannah, alle drei Charaktere wurden sehr glaubhaft angelegt, ihr Handeln ist nachvollziehbar. Miriams Vater liegt mit Demenz in einer Klinik, aber in kurzen Augenblicken der Klarheit, gibt er Hinweise, die sie jedoch nicht einzuordnen vermag. Als Leser kann man hier mitraten, jedoch ist die Lösung nicht einfach. Ein altes Kinderbuch von Astrid Lindgren (Sonnenau) und passende Songtexte wurden liebevoll mit ins Geschehen integriert, auch die Nebencharaktere wurden sorgsam angelegt, so dass sich ein rundes stimmiges Bild ergibt.

Das Buch wurde als Küstenkrimi klassifiziert. Das Regionale kommt hier eher kurz, es werden lediglich Orte genannt, letztlich könnte das Geschehen überall angesiedelt sein.

Das Krimigeschehen steht hier im Hintergrund, der Fokus liegt auf dem Aufdecken des Familiengeheimnisses und den daraus resultierenden psychologischen Folgen für die Betroffenen. Wer auf Leichen und Blut verzichten kann und sich eine spannende Unterhaltung wünscht, wird hier bestens bedient.