Rezension

Missstände

Bulle -

Bulle
von Valentin Gendrot

Bewertet mit 5 Sternen

„Auf meiner Dienststelle fallen täglich rassistische, homophobe und frauenfeindliche Sprüche. Sie kommen von bestimmten Kollegen und werden von den anderen geduldet oder überhört.“ [131 f.]

Valentin Gendrot schreibt in dem Sachbuch „Bulle“ diesen persönlich erlebten Erfahrungsbericht – Undercover in der Polizei von Paris - unvoreingenommen. Es ist ein Bericht, der sich trotz der schockierenden Missstände wunderbar lesen lässt. Dabei ergreift er keine Partei für eine Seite, bleibt sachlich und schildert nahezu nüchtern das Erlebte.

„Theoretisch sollen die Flics ja Gewalt, Rassismus und Sexismus in der Gesellschaft bekämpfen. In der Praxis sind sie oft die Sperrsitze dieser Übel.“ [171]

Für die Leser*innen sind die Einblicke in den Polizeialltag ziemlich starker Tobak. Dass nicht nur eitel Sonnenschein in dieser Berufsgruppe herrscht, konnte man vorher schon annehmen und vermuten. Aber diese Einblicke, die Gewalt und Willkür, welche einem Gendrot in seinem Selbstversuch offenbart, haben ein schreckliches und schockierendes Ausmaß angenommen.

Bereits andere Autoren haben das Thema Rassismus und Polizeigewalt schon aufgegriffen. Hier muss man auch „Schwarz Blau Blut“ von Matthew Horace nennen. Dort sieht man, dass Polizeigewalt sich prozentual häufiger gegen PoC richtet. Jedoch zeigt Gendrot, dass sich die Probleme bei der Polizei durch alle Ebenen ziehen und bereits ab der Ausbildung zeigen. Die Einblicke in die Polizeiarbeit im Pariser Arrondissement sind wesentlich detaillierter und aufschlussreicher.

Auch sehr lesenswert ist das Nachwort von Günter Wallraff. Dabei wird schon deutlich, dass das Problem kein alleiniges Problem der Französischen Polizei ist, sondern sich auch auf andere Staaten abbilden lässt. Für mich ist das Buch aus dem Verlag Hoffmann und Campe ein literarisches Highlight.