Rezension

Mord im Opernmilieu

Römische Ermittlungen - Bianca Palma

Römische Ermittlungen
von Bianca Palma

Bewertet mit 4 Sternen

„...Ihre Augen schienen für einen Augenblick ineinander zu versinken, und in ihrem Kopf erklang kraftvoll ein Fis-Moll-Akkord. Rätselhafte floureszierende Orchesterklänge, verminderte Septen, Dissonanzen, die sich niemals in Harmonien auflösten...“

 

Während in der Oper das nächste Konzert mit Orchester und der Stargeigerin Geraldine vorbereitet wird, wird Commisario Caselli zu einem Toten gerufen. Riccardo Vismara war ebenfalls Mitglied des Orchester. Man findet bei ihm ein Papierquadrat mit rotem Stempelaufdruck. Der Fall wird ins Drogendezernat überwiesen.

Mit einem Zeitsprung von sechs Wochen wird die Handlung fortgesetzt. Caselli war erkrankt. Er hat die Geschehnisse nur von Ferne mitbekommen.

Die Autorin hat einen abwechslungsreichen Krimi geschrieben. Allerdings hat er einige Besonderheiten, die man wissen sollte, bevor man sich für das Buch entscheidet.

Die Protagonisten werden gut charakterisiert, behalten aber eine geheimnisvolle Aura. Das bewirkt, dass sie sich manchmal ganz anders verhalten, als ich als Leser erwartet habe.

Der Schriftstil ist gehoben. An vielen Stellen spürt man, dass sich die Autorin in der Welt von Oper und Konzert auskennt. Entsprechende Fachbegriffe werden auch als Metapher für emotionale Beschreibungen verwendet, wie das obige Zitat zeigt. Es beschreibt die Eindrücke von Geraldine, als sie Robert in seiner Rolle in der Oper Tosca erlebt hat. Der zukünftige Leser sollte auf diesem Gebiet mindestens eine Grundbildung mitbringen, um die Feinheiten verstehen zu können. Sehr gut werden die komplexen Beziehungen im Ensemble herausgearbeitet. Treue scheint in Fremdwort zu sein. Eifersucht spielt häufig eine Rolle. Besonders der Dirigent ist bei der Frauenwelt begehrt, da er auch über die Besetzungen bestimmt. Spitze Bemerkungen und Missgunst sind an der Tagesordnung. Gekonnt gestaltete Dialoge zeigen die Vielschichtigkeit der Emotionen und Beziehungen. Sehr gut beschrieben werden die Handlungsorte. Kurze Abstecher streifen die Vergangenheit, wo Frauen auf der Musikbühne in Italien nichts zu suchen hatten. Nicht bei allen Protagonisten ist diese männliche Überheblichkeit schon aus den Köpfen raus.

Während über die gesamte Handlung das Musikthema dominiert, findet die eigentliche Krimihandlung vor allem im zweiten Teil statt. Dort kann Caselli zeigen, was er drauf hat. Die Autorin hat aber noch ein drittes Thema in die Geschichte integriert. Ich erlaube mir, ein zweites Zitat einzufügen:

 

„...Nicht die Katastrophe an sich ist die Falle, sondern die Unfähigkeit, zu akzeptieren, dass sie nicht mehr rückgängig zu machen ist...“

 

Wie geht man damit um, wenn man sein ganzes Leben auf der Musik aufbauen wollte, aber nach einem Unfall nie mehr zu alter Größe zurückfinden wird? Wie lebt man damit, wenn man vom umjubelten Star zum Niemand wird, denn alle höchstens bedauern? Hier wurden die seelischen Probleme der Protagonistin geschickt herausgearbeitet. Plötzlich zeigt sich Unsicherheit, wo früher Selbstbewusstsein war. Das ganze Leben wird infrage gestellt. Das Verhalten ehemaliger Liebhaber und des Unfallverursachers sind nicht gerade hilfreich. Die eigene Welt ist zerbrochen.

Zum Schluss möchte ich nochmals auf eine meiner anfänglichen Aussage zurückkommen. Wer einen normalen Krimi erwartet, ist bei dem Buch falsch. Die Krimihandlung ist nur ein Aspekt des Inhalts. Allerdings ist es der Autorin gelungen, mich mit der Auflösung zu überraschen. Man sollte aber wissen, dass weite Strecken des Buches den zwischenmenschlichen Befindlichkeiten im Bereich der klassischen Musik vorbehalten sind und Interesse dafür mitbringen. Auch im Team der Kriminalisten gibt es Ausflüge ins Private. Das gibt dem Buch seinen ganz eigenen Flair.

Das Buch hat mich sehr gut unterhalten. Es hat mir den Blick in eine Welt gestattet, die sonst in sich abgeschlossen ist. Natürlich hätte es ein bisschen mehr Krimi sein können, der Aufbau aber entsprach der Logik der Handlung.