Rezension

Mord oder Selbstmord?

Hitze - Jane Harper

Hitze
von Jane Harper

Bewertet mit 4 Sternen

HANDLUNG

Die Rekordhitze in der australischen Kleinstadt Kiewarra wird zur Zerreißprobe: das Vieh verendet elendig, die Menschen reagieren mit Zorn und Verzweiflung auf die Bedrohung ihrer Existenz. Da halten die meisten es für absolut nachvollziehbar, dass Luke Hadler einfach durchgedreht ist und sich selbst, seine Frau und seinen kleinen Sohn in einem Anfall von Hitzewahnsinn erschossen hat. Seine Eltern jedoch suchen nach einem anderen Schuldigen und wenden sich an Lukes Kindheitsfreund Aaron Falk, der die Stadt vor zwanzig Jahren verlassen hat und inzwischen bei der Polizei ist.

Aber Aaron ist in der Stadt nicht willkommen, denn man verdächtigt ihn, damals am Tod eines jungen Mädchens schuldig oder zumindest mitschuldig gewesen zu sein. Bei der Hitze kochen auch die Temperamente hoch.

MEINE MEINUNG

Das Buch gibt es mit zwei verschiedenen Titelbildern. Denn 2016 erschien es unter “The Dry” (dem Originaltitel) und 2018 unter dem Namen “Hitze”. Fast hätte ich die neue Ausgabe daher gekauft, obwohl ich die Hörbuchversion der alten Ausgabe schon besaß!

Für das maximale Erlebnis liest man den Thriller vielleicht am besten im Hochsommer.

Die schwelende, erstickende Hitze zieht sich durch das ganze Buch, sie ist eine ganze reale Bedrohung, die nichts mit Serienkillern oder Rachemorden zu tun hat. Da klebt beim Lesen quasi die Zunge am Gaumen. Überhaupt ist Jane Harpers Schreibstil ungemein lebendig,  mit einer sehr dichten Atmosphäre. Er spricht alle Sinne an, so dass man wirklich das Gefühl hat, die Hitze fast schneiden zu können.

Aber ganz abgesehen von der Thriller-Handlung hat mich vor allem die Darstellung der Menschen in dieser kleinen Stadt fasziniert.
Die Autorin präsentiert sie mit all ihren verzwickten Beziehungen, ihren Vorurteilen, ihren Konflikten und ihrer unterschwellig gärenden Wut. Einerseits will die kleine Gemeinschaft zusammenhalten, andererseits hat man das Gefühl, dass es nur einen Funken braucht, um den metaphorischen Flächenbrand auszulösen.

Der Tod von Ellie Deacon vor zwanzig Jahren – vielleicht ein Selbstmord, vielleicht ein Mord – könnte nach all der Zeit immer noch der Zunder sein und Aaron Falks Rückkehr der Funke.

Die Charaktere konnten mich vollends überzeugen.Sie sind sehr authentisch und werden sehr realistisch beschrieben, so dass man schnell ein Gefühl für ihren Charakter und ihre Motive bekommt.

Die Spannung entwickelt sich in zwei Handlungssträngen:

War Luke wirklich derjenige, der seine ganze Familie ausgelöscht hat – und wenn nein, wer war geschickt genug, es so aussehen zu lassen? Hat Ellie sich umgebracht – und wenn nein, wer war es? Fest steht: Luke und Aaron haben damals beide gelogen.

Die Auflösung des einen Handlungsstrang hat mich voll überzeugt, obwohl ich es fast schon geahnt hatte. Die Auflösung des anderen Handlungsstrangs wartet mit einer großen Wendung auf, kam mir aber nicht 100%ig glaubhaft vor. Das Verhalten eines Charakters weicht sehr drastisch von dem ab, was ich für diesen Charakter für schlüssig gehalten hätte.

Dennoch fand ich das Buch in beiden Handlungssträngen durchgehend sehr spannend.

FAZIT

Ein Familienvater erschießt sich, eine Frau und seinen kleinen Sohn. Sein Jugendfreund Aaron Falk, der vor zwanzig Jahren die Stadt verlassen hat und inzwischen bei der Polizei ist, kommt zur Beerdigung und wird von den Eltern gebeten, zu untersuchen, ob da nicht doch jemand anderes abgedrückt hat. Sehr willkommen ist Falk in der kleinen Stadt jedoch nicht, denn viele Einwohner glauben nach wie vor, dass er als Jugendlicher seine Freundin Ellie Deacon ermordet hat.

Mir hat der Thriller wirklich sehr gut gefallen, mir gefiel besonders die psychologisch interessante Darstellung der menschlichen Verwicklungen in dieser kleinen Stadt.

Diese Rezension erschien zunächst auf meinem Buchblog:
https://wordpress.mikkaliest.de/2018/09/05/rezension-jane-harper-hitze-t...