Rezension

Nächstenliebe und Brüderlichkeit

Maria in der Hafenkneipe -

Maria in der Hafenkneipe
von Willem Elsschot

Bewertet mit 3 Sternen

Der Autor Willem Elsschot ist in Belgien und Holland eine feste Größe. Bei uns dagegen immer noch weitestgehend unbekannt. 
Ein wiederkehrender Held in seinen Werken ist der Büroangestellte Frans Laarmans, der gewissermaßen den „Otto Normalverbraucher„ Antwerpens darstellt und stark autobiographische Züge trägt.

In „ Maria in der Hafenkneipe“ trifft Laarmans an einem regnerischen Winterabend auf drei afghanische Seemänner, die auf der Suche nach eben jener Maria aus dem Titel sind. Die freundlichen, höflichen Fremden sehen sich dem ganz normalen Rassismus ausgesetzt, finden jedoch in Laarmans einen Helfer und Fürsprecher, der ihnen hilft, Maria zu suchen.

Diese Novelle hat Elsschot 1938 geschrieben, was aber den darin angesprochenen Rassismus angeht, hat sich bis heute nichts geändert. Das macht diese Erzählung so allgegenwärtig. Laarmans und die drei afghanischen Seeleute finden, in den paar Stunden auf der Suche nach Maria zusammen und diskutieren am Ende ihres Weges sogar die verschiedenen Religionen, denen sie angehören. Zwar werden die drei Afghanen durchweg beleidigt und beschimpft, aber in Laarmans finden sie einen, für den Nächstenliebe und Brüderlichkeit nicht nur ein Wort sind, sondern eine Verpflichtung.

Das ist eine schöne, kleine Geschichte. Das einzige, das verwundert, ist die wenig sensible Übersetzung, die die derben Beschimpfungen irgendwie altmodisch anmuten lässt.