Rezension

Natur vs. Kultur

Undine - Friedrich de la Motte Fouqué

Undine
von Friedrich de la Motte Fouqué

Bewertet mit 3.5 Sternen

Als der Ritter Huldbrand nach einem abenteuerlichen Ritt durch den Spukwald an einer Fischerhütte ankommt, trifft er dort auf das Findelkind Undine und verliebt sich augenblicklich in sie. Ein Sturm lässt das Flussufer übertreten und hindert den Ritter an seiner Abreise. Bald darauf verirrt sich ein Pater ebenfalls in die Fischerhütte und vermählt die beiden Liebenden auf ihre Bitte hin. Undines Geständnis am darauf folgenden Tag, ein Wasserwesen und von ihrem Vater geschickt worden zu sein, um durch die Heirat mit einem Menschen eine Seele zu erlangen, schmälert des Ritters Liebe nicht. Sie reisen in die Stadt, wo Undine sich mit der Pflegetochter des Herzogs, Bertalda, anfreundet. Diese wird schon bald zur Nebenbuhlerin um die Gunst des Ritters, der die gutmütige Undine nur wenig entgegenzusetzen hat.

In dieser Erzählung wird eine Dreiecksbeziehung geschildert, in der Natur und Kultur aufeinandertreffen. Bertalda, die eindeutig der Kultur angehört und der Ständegesellschaft eine hohe Bedeutung beimisst, ist eine herrische Person, der man nur wenig Sympathie entgegen bringen kann. Undine als Kind der Natur ist friedfertig und beliebt. Der Ritter Huldbrand steht zwischen den Fronten und wendet sich, nachdem er den Ort der Natur verlässt und sich zurück in die Gesellschaft begibt, passender Weise auch nach und nach von Undine ab und Bertalda zu. Es ist interessant, diesen Wandel zu verfolgen, wenngleich man als Leser Mitgefühl mit Undine entwickelt. 
Als die Kultur im Grunde schon gewonnen und die Natur zerstört hat (wobei die Reue zu spät kam), kehrt die Natur zurück, um sich zu holen, was ihr zusteht. Naturgewalt scheint dabei das passende Wort zu sein, wobei sie selbst offenbar keinen Einfluss auf ihr Tun hat. Ein sehr faszinierendes und jederzeit aktuelles Thema also, das hier - wenn auch nicht direkt - angesprochen wird. Die Natur duldet viel, doch sie schlägt zurück, wenn die Kultur es übertreibt.