Rezension

Nicht annähernd so packend wie erhofft

God's Kitchen - Margit Ruile

God's Kitchen
von Margit Ruile

Bewertet mit 3 Sternen

"God´s Kitchen" ist ein Roman, auf den ich am Loewe Verlagsstand auf der Leipziger Buchmesse aufmerksam geworden bin und der vor allem aufgrund der Thematik mein Interesse geweckt hat. Das Ganze ist zwar natürlich ein Jugendbuch, ausgeklügelte oder tief philosophische Science Fiction darf man daher sicher nicht erwarten, trotzdem war ich einfach gespannt darauf, wie Margit Ruile die so brandaktuelle Thematik künstliche Intelligenz in ihrem Roman aufbereitet. Und hier gab es wirklich einige sehr faszinierende Ansätze, die mich schnell in ihren Bann gezogen haben. Allen voran das Wesen des Roboters Chi, das im Verlauf der Handlung mehr und mehr außer Kontrolle gerät und zur echten Bedrohung wird.

 

Auch wie Chi, dieses süße, harmlose Mädchen, dargestellt ist, jagt einem einen Schauer über den Rücken. Margit Ruile hat einen Roboter entworfen, der einerseits so angepasst und menschlich, andererseits aber auch so abnormal und bedrohlich wirkt. Diese Gegensätzlichkeit, das Für und Wieder, zeigt sich durch Chis Darstellung wirklich sehr gut. In "God´s Kitchen" spielen die Wissenschaftler, wie es ja schon der Titel andeutet, Gott und entwerfen den perfekten Menschen, dessen Aufgabe darin besteht, andere Menschen einzuschätzen, zu entscheiden, was aus ihnen werden wird und wie sie sich entwickeln. Nur dass Chi eben kein Mensch ist, sondern eine künstliche Intelligenz, die die Wissenschaftler immer weiter und weiter füttern, bis sie sich schließlich über sie erhebt und ein gruseliges Eigenleben entwickelt. Eine Story, die mich ebenso fasziniert wie abgeschreckt hat.

 

Der Kern der Geschichte stimmt also. Was mich hingegen nicht ganz so überzeugen konnte, ist der Rahmen. Das fängt bei der Protagonistin Celine an, einer Psychologiestudentin, die wie zufällig in dieses Projekt hineingerät und die ihrerseits über eine besondere Gabe verfügt. Denn Celine ist hellsichtig (heißt: sie kann gewissermaßen in die Zukunft blicken) und es drängt sich von Anfang an das Gefühl auf, dass diese Fähigkeit etwas mit ihrem Praktikum in God´s Kitchen zu tun hat. Ja, nun. Ich weiß nicht, warum es Celines Hellseherei gebraucht hat. Ich habe dieses Handlungselement irgendwie als sehr störend und überflüssig empfunden, als in die Geschichte hineingepresst. Auch teilweise als Lösung, wenn die Handlung drohte ins Stocken zu geraten. Überzeugt hat mich die in die Zukunft blickende Celine daher nicht wirklich. Auch ihren Charakter bekam ich bis zum Ende nicht zu fassen - ich habe das Gefühl, dass ich immer noch nicht weiß, wer Celine ist (abgesehen natürlich von ihren Visionen, die kenne ich mittlerweile in- und auswendig). Ich hätte dann doch lieber mehr über die echte Celine und vor allem über Chi und die Wissenschaftler, die an ihr arbeiten, erfahren wollen.

 

Denn die Infos sind insgesamt sehr spärlich. Wie bereits erwähnt, ist "God´s Kitchen" ein Jugendroman - allzu komplex und wissenschaftlich darf der Plot daher vermutlich nicht sein, das kann ich auch gut nachvollziehen. Allerdings kann man der Jugend, finde ich, doch zumindest etwas mehr zutrauen. Mir wirkte das Projekt Chi zu losgelöst, hier und da zu konstruiert. Es fehlen einfach Informationen, die es zu mehr gemacht hätten. Und leider sackte auch die Spannung ab der Mitte gehörig ab - wie Celine mit Chis Übermacht umgeht, wie sie auf des Rätsels Lösung kommt... puh, nein, das war mir zu plump. Ich dachte beim Lesen wirklich: Echt jetzt, das wars? Erst wird mit der künstlichen Intelligenz über viele, viele Seiten hinweg eine grauenvolle Gefahr aufgebaut und dann, bähm, das ist die Lösung? Ich habe mich da am Ende leider wirklich etwas veralbert gefühlt. Nichtsdestotrotz hat Margit Ruile wie gesagt viele interessante und spannende Elemente in ihre Geschichte eingebaut, die mich zum Nachdenken angeregt haben und die uns zeigen, wie unsere Zukunft möglicherweise aussehen könnte. Nur die Umsetzung, das ganze Drumherum hat leider nicht meinen Geschmack getroffen.

Mein Fazit
Margit Ruiles "God´s Kitchen" ist so ein Buch, das ich mit sehr gemischten Gefühlen beendet habe. Einerseits haben mir ihre Ideen und vor allem die Darstellung der künstlichen Intelligenz Chi und ihrer Tücken unheimlich gut gefallen. Andererseits mochte ich dieses übersinnliche Element um Celines Gabe und auch die Auflösung am Ende so gar nicht. Für mich kein spektakuläres Jugendbuch, auch wenn vieles darin den Ton der Zeit trifft.