Rezension

Nicht ganz nachvollziehbar

Inside AFD - Franziska Schreiber

Inside AFD
von Franziska Schreiber

Bewertet mit 2.5 Sternen

Franziska Schreiber berichtet über ihre Erlebnisse als AfD-Mitglied und Vorsitzende der Jungen Alternative in Sachsen bis zu ihrem Ausstieg aus der Partei. Dabei verwebt sie ihre persönlichen Ansichten, Erlebnisse und Motivationen mit der Entwicklung und Radikalisierung der Partei. Ihre persönliche Perspektive ist durchaus interessant, auch wenn es mir schwerfällt, ihre Entscheidungen nachzuvollziehen. Die Abschnitte zur generellen Parteientwicklung beinhalten nicht wirklich viel Neues. Das Buch enthält zudem viel Spekulation („Ich glaube, Björn Höcke sind die anhänglichen Burschen[schaftler] manchmal selbst ein bisschen unheimlich.“) und auch einige banal-bizarre Details (Vertraute Frauke Petrys nennen sie "Sternchen").

Zwar distanziert sich die Autorin von den rassistisch und nationalistisch geprägten Zweigen der Partei, deren Entwicklung sie über Jahre verfolgt hat, aber sie vermittelt für mich nicht nachvollziehbar, warum sie trotzdem so lange Mitglied war und das auch noch in einer führenden Position. Sie gibt zu, in ihrer öffentlichen Kommunikation für die AfD falsche Zahlen und Daten verwendet zu haben, um AfD-Anhänger aufzuwiegeln. Die Quellen und Berichte, auf die sie sich dabei bezog und deren Inhalt sie bewusst falsch wiedergab, hat sie nicht gelesen, denn der „Empfängerkreis der Pressemitteilung würde [sie] auch nicht lesen.“ Selbst als ihr auffällt, dass die und ihr Partei-Umfeld immer radikaler werden, macht sie lange weiter und trägt aktiv zu dieser Entwicklung bei. Rückblickend sagt Schreiber von sich selbst, dass sie Angst vor dem Islam entwickelte, aber gar keine Muslime kannte. Immerhin zeigt sie zumindest in manchen Bereichen, wie sie sich weiterentwickelt hat und ihr Handeln und ihre Positionen hinterfragte, obwohl das in dem radikalen Umfeld schwer war.

Man darf jedoch nicht erwarten, dass sie alles abgelegt hat. Gleich in der Einleitung glorifiziert sie die ehemalige AfD-Vorsitzende Frauke Petry, die nun wirklich kein Symbol für Demokratie und Toleranz ist. Diese unkritische Unterstützung zieht sich durch das gesamte Buch. Den Applaus, mit dem Petrys Wahl zur Parteivorsitzenden bedacht wurde, nutze Schreiber fast zwei Jahre lang als Klingelton auf ihrem Handy. Auch die Begeisterung, mit der sie beschreibt, wie Petry ein Stück Pizza mit der Hand ist, empfand ich einfach nur als skurril.

Einige Argumentationsketten sind mir auch einfach zu simpel. Beispielsweise äußert die Autorin, dass die Basis in einer Art Gruppenzwang die führenden Köpfe zu immer radikaleren Aussagen drängt und dass sich Weidel und Co so krass äußern müssen, wenn sie ihren Posten nicht verlieren wollen. Typisches Muster in der AfD-Kommunikation: Irgendwie sind immer andere Schuld. Diese Opferdenkweise hat Schreiber anscheinend noch nicht richtig abgelegt.

Was trieb also einen jungen, durchaus gebildeten Menschen zu dieser Partei? Von der FDP enttäuscht und von Luckes Rationalität begeistert, trat Schreiber 2013 eher spontan der AfD bei. Gleich zu Beginn hat sie ein Schlüsselerlebnis, was sie an die Partei schweißt: Als sie freiwillig an einem Wahlkampfstand arbeitet, wird dieser von Anhängern der Antifa zerstört. Schreibers Reaktion dazu: „Unser Land ist in Gefahr, dachte ich. Die sind noch gefährlicher als die Neonazis. […] Ich werde diese Leute bekämpfen“. Diese Stelle fand ich besonders bemerkenswert, denn der gemeinsame Feind schweißt wohl immer noch am meisten zusammen. Mit diesem Erlebnis scheint sie der Partei treu ergeben zu sein und das Gefühl zu haben, einer Mission zu folgen.

Auf Basis ihrer eigenen Erfahrung und auch durch die Darstellung ihres eigenen Fehlverhaltens hat Franziska Schreiber ein durchaus wichtiges Buch verfasst, das man jedoch kritisch lesen sollte.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 18. März 2019 um 18:19

Vielen Dank, lizlemon, dieses Buch kann man also knicken. Um ein Haar hätte ich es auch gelesen.