Rezension

Nicht nur ein unerwartetes Vermächtnis, sondern auch eine unerwartete Auflösung

Ein unerwartetes Vermächtnis -

Ein unerwartetes Vermächtnis
von Carla Laureano

Bewertet mit 4 Sternen

"Hübsch ja. Aber hübsch war nichts Besonderes und hatte auf Gabriel genauso wenig Wirkung wie ein Wetterbericht mit Schneeankündigung. Aber in Melissas grün-grauen Augen blitzte Intelligenz, und ihr spitzbübisches Lächeln und die leicht rauchige Stimme deuteten darauf hin, dass sie einen tiefgründigen Humor hatte, von dem er bisher allerdings noch nichts bemerkt hatte." 

 

Melissa Green, eine aufstrebende Jungdesignerin macht eine unerwartete Erbschaft. Da sie keinen Kontakt zu ihrer Familie hat, macht sie sich auf den Weg, herauszufinden, wer und vor allem was ihr vermacht wurde. 

Sie kommt nach Jasper Lake, einer idylischen Kleinstadt in den Bergen. Ein Ort mit Charme und Geschichte, der so ganz anders ist als ihr Leben in der Großstadt. Und dann ist da noch dieses untrügliche Gefühl, dass die ganze Stadt mehr weiß als sie selbst. 

Wird das Erbe Fluch oder Segen? Wird sie ihre eigene Vergangenheit einholen? Und was hat es mit diesem jungen, gutausehenden Bürgermeister auf sich? 

 

Die Geschichte ist nicht neu. Im Heim und in Pflegefamilien aufgewachsen, fühlt sich die Hauptfigur entwurzelt. Sie weiß kaum etwas über ihre Vergangenheit und ihre Familie. Sie erbt unerwartet und macht sich dann auf die Suche. So weit, so gut. 

Obwohl sich der Schreibstil der Autorin, es war mein erstes Buch von Carla Laureano, leicht und flüssig liest, bin ich nicht so gut in die Geschichte gekommen. Nicht, dass sie mir nicht gefallen hat, aber sie hat mich nicht sofort gefesselt. Doch das hat sich schnell geändert. Nicht nur durch dieses wunderschöne Fleckchen Erde Jasper Lake, und seinen bezaubernden Bürgermeister, sondern auch durch die Entwicklung der Hauptprotagonistin. Vor allem im letzten Drittel der Geschichte konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. 

 

Ich will nicht zu viel verraten. Aber es gibt viele wunderschöne Details, die mich sehr berührt und nachdenklich gemacht haben. Allen voran die Aufklärung von Melissas Familiengeschichte, die ich so tatsächlich nicht vorhergesehen habe. Oder ihre Berufswahl, dass sie ihre eigene Vergangenheit verdrängt, sich aber im Job tagtäglich damit beschäftigt Details und Hintergründe von Gegenständen aufzuspüren. Die Entwurzelung und dieses Nirgendwo Zuhause sein-Gefühl, um dann doch anzukommen. 

 

Eines ist schnell klar. Melissa mag hübsch und unschuldig aussehen, aber sie hat es faustdick hinter den Ohren. Und ich als Leser gönne ihr von Herzen Menschen, die hinter ihre Fassade schauen und ihre harte Schale aufbrechen können. Doch wird das wirklich gelingen? 

 

"Ein unerwartetes Vermächtnis" ist 2022 als Hardcover im Gerth Verlag erschienen. Es ist hochwertig verarbeitet und mit 443 Seiten ein echter kleiner Wälzer. Der Klappentext macht Lust auf mehr. Vom Cover hätte ich mir mehr erwartet. Es ist hübsch, aber für mich nicht sehr eindringlich und emotional bindend. Schade, denn das bin ich von diesem Verlag anders gewöhnt. Da wäre so viel mehr Potential gewesen. Gleich im ersten Drittel haben sich auch zwei kleine Fehler im Korrektorat eingeschlichen, die hoffentlich in der zweiten Auflage behoben werden. 

 

Fazit: 

Schau nach vorn, und nicht zurück.

Trotz kleiner Anlaufschwierigkeiten hat mir das Buch wirklich gut gefallen. Vor allem am Ende nimmt es Fahrt auf, wartet mit einer nicht vorhersehbaren Auflösung auf und hat es geschafft mich emotional zu binden. Es wird also für mich auch ein zweites Buch der Autorin geben, auf das ich mich schon jetzt freue.