Rezension

Nichts für Crichtonliebhaber

Micro - Michael Crichton, Richard Preston

Micro
von Michael Crichton Richard Preston

Bewertet mit 3.5 Sternen

Eine Gruppe Biologiestudenten wird von einem neuen Technologieunternehmen angeworben und auf eine Reise in den hawaiianischen Regenwald eingeladen.

Dass im besagtem Unternehmen nicht alles mit rechten Dingen zugeht vermutet der Leser bereits im ersten Kapitel, in dem ein Detektiv, sein Auftraggeber und dessen Klient nach einer verdeckten Ermittlung in den Laboren auf mysteriöse Weise versterben.

Auch der Bruder des Studenten Peter, der eine tragende Position im Management innehatte, verschwindet spurlos.

Im weiteren Verlauf finden sich die Protagonisten in einer buchstäblich anderen Dimension wieder und werden mit der darwinistischen Grausamkeit einer tropischen Mikrowelt konfrontiert.

 

Micro ist ein spannender Roman und trifft in einigen Hinsichten den Anspruch, den man von Crichton gewohnt ist. Gut recherchierte wissenschaftliche Details geben der Geschichte einen nachvollziehbaren Hintergrund und produzieren eine Art von Tiefe, die "Micro" von herkömmlichen pseudo-wissenschaftlichen Thrillern unterscheiden möchte.

Doch das reicht nicht! Die angesprochenen wissenschaftlichen Details werden beinahe patchworkartig von den unsympathischen besserwisserischen Protagonisten herunter gebetet. Manchmal kommt es einem vor, als hätten Crichton oder Preston noch ein paar wissenswerte Informationen "übrig" gehabt und dann krampfhaft versucht sie im Roman unterzubringen.

Glücklicherweise sind die blutjungen Studenten (alle Anfang 20 und schon kurz vor der Promo) so belesen und klug, dass sie für jede Anomalie, die ihnen begegnet eine zutreffende Einschätzung parat haben und somit den ärgsten Gefahren (zumeist) locker ausweichen können. Das schützt sie jedoch nicht davor altklug, schablonenhaft und kaltherzig zu wirken - wenn einer ihrer besten Freunde das Zeitliche segnet ist dies nach zwei Tränchen und einem lockeren Witz schon wieder vergessen.

 

Diese Eintönigkeit bezieht sich jedoch nicht auf den Handlungsstrang - obwohl der Schauplatz fast das ganze Buch über der selbe ist lauert an jeder Ecke eine Gefahr und die Protagonisten kommen aus dem Rennen und Kämpfen kaum heraus. Im einen Moment noch gerade Luft geholt kommt auch schon der nächste Ekelkäfer aus dem Baum gefallen und will den taffen Studenten ans Leder.

So prügeln sich also Mr. Anführer, Ms. Promuskuität in persona, Ms. Supertaff, Mr. Holzfällerherz und Mr. Hindi-Veggi durch die Vegitation, während der Oberbösewicht ("Vin Drake" - so viel Polarisierung ist man von Crichton doch nicht gewohnt!!) sie wie Puppen tanzen lässt.

Das Ende ist für meinen Geschmack etwas holprig. Wie in einem herkömmlichen Actionfilm wird noch einmal richtig in die Trickkiste gegriffen, um allen denen das zu geben, was sie verdienen und das mit möglichst viel Effekthascherei und Brimborium, der jedoch nichts von dem aufklärt, was bislang offen gelassen wurde.

 

Mein Fazit: Als kurzweilige Unterhaltung ganz in Ordnung - doch nicht mit dem Anspruch eines wirklichen "Crichton"s zu verwechseln.

(achja - und nichts für Menschen mit einer definierten Phobie vor Krabbeltierchen ;) )

Kommentare

Sven kommentierte am 06. November 2013 um 14:29

Sehr passende Rezension. Ich fühlte mich oft an die alten s/w-Schrumpfungsfilmklassiker erinnert, das war unterhaltend aber der Rest... Eine echte Räuberpistole. Am meisten geärgert hab ich mich über die Szene, in der die Studenten erzählen was sie so alles dabei haben aus ihrem jeweiligen Fachbereich um den Firmenboss zu imponieren und man weiß sofort in welcher Situation sie später ihr "Bat-Anti-Haispray" wohl einsetzen werden...billig und Crichton unwürdig.