Rezension

Nichts für Zartbesaitete

Zerstörung, 1947 -

Zerstörung, 1947
von Stephan Weichert

Bewertet mit 5 Sternen

Gleich vorweg, dieser zweite Krimi aus der Reihe „Adler, weibliche Kriminalpolizei, Berlin“ ist nichts für Zartbesaitete. Zahlreiche Verbrechen werden detailliert geschildert.

 

Man schreibt das Jahr 1947. Berlin ist in vier Besatzungszonen aufgeteilt, was die Verwaltung und die Jagd nach Nazi-Größen sowie nach anderen Verbrechern nicht wirklich erleichtert. Die Stadt liegt nach wie vor in Trümmern und die Frauen müssen sich den neuen Herausforderungen stellen. Denn neben dem Aufräumen, dem Anstellen um die wenigen Nahrungsmittel, kehren ihre Männer, versehrt an Körper und Geist aus der Kriegsgefangenschaft zurück. Jede, jeder ist sich selbst die bzw. der Nächste, Mitgefühl ist durch eine allgemeine Verrohung abhandengekommen.

 

In dieser Nachkriegsgesellschaft wird in den Ruinen des Anhalter Bahnhofs die Leiche einer vorerst unbekannten Frau gefunden: erdrosselt, ohne Papiere und mit Säure übergossen. Sie wird nicht die einzige entstellte Tote bleiben.

 

Luise Adler von der weiblichen Kriminalpolizei setzt alles daran, den Serienmörder zu stellen. Dabei muss sie nicht nur gegen die Windmühlen der alliierten Besatzungsverwaltungen, sondern auch gegen ihre eigenen Dämonen kämpfen. Was sie noch nicht weiß, die dunklen Schatten der Vergangenheit ihr Leben bedrohen. Nebenbei erhält sie eine neue Polizeikollegin, die manchmal übermotiviert, die diffizilen Ermittlungen unabsichtlich torpediert.

 

Meine Meinung:

 

Dieser Krimi ist alles andere als leichte Kost. Hier zeigt sich, dass der Zweite Weltkrieg das Schlechteste in den Menschen hervorgeholt hat, das selbst vor dem eigenen Kind, das das Ergebnis einer Vergewaltigung ist, nicht Halt macht. Die prekäre Lebensmittelsituation, die zahlreiche Menschen dazu zwingt, ihre letzten Habseligkeiten (oder Diebesgut) auf dem Schwarzmarkt zu veräußern, sowie die skrupellosen Geschäftemacher sind ebenso Thema, wie die Prostitution von Frauen und Kindern, die ihre Körper feilbieten, um Überleben zu können. Als krassen Gegensatz hierzu sehen wir die Nazi-Bonzen, die es vorerst geschafft haben, unterzutauchen und, während sie auf eine Fluchtmöglichkeit nach Südamerika suchen, ihre Taten zu verschleiern, und Mitwisser sowie Feinde eliminieren.

 

Doch es gibt sie noch, die Hilfsbereitschaft, wenn auch als zartes Pflänzchen und ein wenig unter dem Dreck versteckt. So wird ein kleines Mädchen, dessen Mutter einen dieser Säureanschläge überlebt, von Luise Adlers Vater beaufsichtigt.

 

Stephan Weichert ist mir diesem zweiten Krimi für Luise Adler ein ziemlich realistisches Bild der frühen Nachkriegszeit gelungen. Er rückt den manchmal romantisch verklärten Blick auf die sogenannten Trümmerfrauen und den Schwarzmarkt hier ziemlich abrupt zurecht.

 

Fazit:

 

Obwohl ich recht bald eine Idee vom Täter hatte, denn der Autor streut das eine oder andere Indiz geschickt in die Handlung, bleibt dieser Krimi fesselnd bis zur letzten Seite, weshalb er 5 Sterne von mir erhält.