Rezension

Niemand ist ohne Schuld

Einsame Tiere - Bruce Holbert

Einsame Tiere
von Bruce Holbert

„Einsame Tiere“ ist das beeindruckende Romandebüt des amerikanischen Autors Bruce Holbert. Angesiedelt ist dieser Country Noir, in dem er offenbar auch einen Teil seiner Familienhistorie verarbeitet, in den dreißiger Jahren im Nordwesten der Vereinigten Staaten, denn genau dorthin verschlug es die Großeltern des Autors in den Jahren der Depression.

„Einsame Tiere“ verwendet bewusst Stilelemente des Western, verzichtet aber auf die romantische Darstellung, in der ein einsamer Cowboy auf seinem treuen Schimmel in den Sonnenuntergang reitet, was natürlich dem zeitlichen Rahmen geschuldet ist, in dem sich die Handlung des Romans bewegt, denn der Protagonist könnte sich beispielsweise auch motorisiert fortbewegen.

Die Handlung nimmt ihren Ausgang im ländlichen Okanogan County, einer dünn besiedelten Gegend im Osten des Staates Washington. In einem Indianerreservat treibt ein Killer sein Unwesen, der seine Mordopfer nicht nur grauenhaft verstümmelt, sondern auch noch auf entwürdigende Weise zur Schau stellt. Der zuständige Sheriff ist unfähig und viel zu faul, um sich mit diesem Fall zu beschäftigen, und so wendet er sich an einen Kollegen im Ruhestand, Ex-Sheriff Russel Strawl, und überträgt diesem die Ermittlungen. Zusammen mit seinem bibelfesten Adoptivsohn Elijah macht er sich auf die Suche nach dem Mörder und taucht ein in ein beispielloses Inferno der Gewalt, in dem ein Menschenleben keinen Wert hat. Die Grenze zwischen Gut und Böse verschwimmt, und jeder ist sowohl Opfer als auch Täter.

Und gerade deshalb ist es auch nicht wichtig, ob der Mörder dingfest gemacht wird, das ist für Holbert kein Thema. Ihm geht es um die Darstellung einer Gesellschaft, deren Werte auf dem alttestamentarischen Auge um Auge basieren und in der Gewalt in jeder Form den Umgang miteinander prägt.

Besonders zimperlich sollte man nicht sein, denn Bruce Holbert schont seine Leser nicht. In drastischen Szenen schildert er Vergangenes und Gegenwärtiges und führt uns überdeutlich vor Augen, dass alle Beteiligten in irgendeiner Form im Laufe ihres Lebens Schuld auf sich geladen haben - mal mehr, mal weniger, aber Sympathiepunkte kann definitiv keine der Personen in diesem Roman sammeln.