Rezension

Nur halb so subjektiv wie erwartet

World Travel -

World Travel
von Anthony Bourdain

Bewertet mit 2.5 Sternen

Es war ganz zu Anfang unserer kulinarischen Weltreise, dass mein Herzbube und ich uns ein Video anschauten, in dem Anthony Bourdain Myanmar besucht und auf seine ganz persönliche Weise kennenlernt, indem er sich durch das dort übliche Essen durchprobiert. Das war 2016 und wir ließen uns seitdem unter anderem von einigen seiner Videos der Serien „No Reservations“ und „Parts Unknown“ inspirieren und kosteten Dank der Kochkünste meines Herzbuben die unterschiedlichsten Gerichte, die er den jeweiligen Ländern im Anschluss an seine Recherche nachempfunden hat. Wir mochten die unkonventionelle Art mit der Anthony Bourdain durch die Welt reiste, um dabei die Gaumenfreuden der Einheimischen zu entdecken und vorzustellen, und waren bestürzt als wir erfuhren, dass er sich 2018 das Leben genommen hatte. Anthony Bourdain soll unter Depressionen gelitten haben, die er gekonnt vor der Welt verbarg. Als im Februar 2022 das Buch „World Travel: Ein gnadenlos subjektiver Reiseführer“ von Anthony Bourdain erschien, war ich gleich interessiert und wollte noch ein letztes Mal mit ihm unterwegs sein.

Doch ganz so leicht macht es einem dieses Buch dabei nicht, denn es stammt nicht allein aus der Feder von Anthony Bourdain, sondern wurde zusammengestückelt aus seinen Zitaten, ergänzt um Textteile und Abschnitte von Laurie Woolever, einer Autorin und Lektorin, die fast zehn Jahre lang an der Seite Anthony Bourdains als persönliche Assistentin tätig war. So bekommt man Anthony Bourdain auf seine bekannte unnachahmliche Weise, in der er kein Blatt vor den Mund nimmt, geboten und somit wohl auch genau das, was man erwartet, wenn man ein Buch zur Hand nimmt, auf dem in großen Buchstaben sein Name prangt. Da er die einzelnen Orte und Länder nicht erst kurz vor seinem Tod bereist hat, sondern hier aus seinen zahlreichen, auch viele Jahre alten Sendungen zitiert wird, ist es gut, dass Informationen und Preise aktualisiert und ergänzt wurden. Das ist ein echter Mehrwert, der einem dieses Buch bietet, wenn man es als eine Art knappes Nachschlagewerk zu den Sendungen nutzen möchte.

„…nichts wie raus aus dem Hotel und probier ein paar von den lokalen Spezialitäten. Neue Gerichte zu entdecken, die einem schmecken, gehört doch schließlich zu den geilsten Aspekten des Reisens.“ (S. 107)

Aber zu den einzelnen Stationen des Buches gibt es immer auch einen etwa gleich großen Teil, in dem Flughafen, öffentliches Verkehrsnetz und Taxi-Trinkgelderwartungen beschrieben werden. Sicherlich sind dies Informationen, die in einem guten Reiseführer nicht fehlen sollten, die jedoch in diesem Buch wie ein Fremdkörper wirken und es nur unnötig aufblähen. Denn um sich Reiseführer nennen zu dürfen – und sei er noch so subjektiv – bietet dieses Buch zu wenig, auch wenn man vom luxuriösen bis zum preiswerten Hotel und von der hochkarätigen Frittenbude bis zum besseren Restaurant in dem Buch Bourdains aktualisierte Perlen findet. Die anderen Informationen wirken wie unvollständiges Füllmaterial, das das Buch auf die doppelte Seitenzahl und wohl auch in eine höhere Preisklasse bringen soll. Das hinterlässt beim Lesen einen leicht schalen Nachgeschmack und den Eindruck, dass hier einfach noch mal richtig Kasse mit einem bekannten Namen gemacht werden soll.

Nichtsdestotrotz ist es mir gelungen die Bourdain-Zitate mal amüsiert und mal mit einem Stirnrunzeln bezüglich seiner allzu offenen Ausdrucksweise zu lesen. Bourdain eben. Irgendwie war es schön ihm noch einmal in Buchform zu begegnen, doch insgesamt hätte ich mir eher einen komplett subjektiven Rückblick auf Bourdains Reisen in „World Travel“ gewünscht.