Rezension

Nur Mut - oder auch "die Abrechnung" - witzig und skurril - LESEN!

Nur Mut - Silvia Bovenschen

Nur Mut
von Silvia Bovenschen

Bewertet mit 5 Sternen

"Eine weiße Villa. Vier alte Frauen erwarten Herrenbesuch. Im Laufe des Nachmittags spitzen sich - zunächst fast unmerklich, dann immer bedrohlicher - die Ereignisse zu. Auch die Damen werden von Stunde zu Stunde witziger, irrwitziger und bösartiger. Silvia Bovenschen erzählt in diesem Roman auf unerhörte Weise von letzten Freiheiten, rasendem Zorn und dem höllischen Gelächter der Alten. Eine schwarze Komödie."
(Quelle: Buchrückentext)

Dieses "Kleinod" erschien in HC im S. Fischer-Verlag (2. Auflage August 2013) und hat mich von der ersten Seite an begeistern können!

Meine Meinung:

Silvia Bovenschen erzählt hier eine herzerfrischende Geschichte aus der "Vorläufigkeit" - d.h. des Alters, aber vorläufig noch nicht gestorben seins, die es in sich hat: Wir lernen auf stilistisch sehr skurrile und witzige, auch intelligent geschriebene Art vier liebenswerte (?) alte Damen kennen, die in einer weißen Villa an einem Fluss zusammen wohnen und hier ihrer "letzten Jahre" verbringen: Da ist Charlotte, die Hauseigentümerin, die 3 ihrer Freundinnen um sich herum versammelt hat, als da wären: Johanna "die Verrückte", eine frühere Schriftstellerin, deren Bücher jedoch längst niemand mehr liest und die sich durch ihr mehrmaliges tägliches "Unerhört!" dennoch weiterhin Gehör verschafft, da sie  bis zur Uferpromenade gehört wird; da ist Leonie, "die Traurige", eine frühere Lehrerin, die schon seit Jahren nur noch vor sich hin summt und brummt und Nadine, "die Kokette", die früher einmal in der Modewelt ganz up-to-date war.
Alle sind verwitwet und Charlotte "hält den Laden zusammen", wäre da nicht Herr von Rungholt, der sich seit einem viertel Jahrhundert um Charlotte's Finanzen "kümmert"....
Sehr lustig fand ich die Aufzählungen, weshalb keine der Damen noch einmal gerne jung wäre, da (für sie) die Welt der Jugend nur noch in einem Wettlauf besteht. Auch das Internet wird "auf die Schippe genommen" bzw. dessen Sinn in Frage gestellt, obgleich Johanna 12 eBooks und weiteres online bestellt hat (sie ist die Einzige, die "ihre Persönlichkeit zu drei Vierteln im Netz versenkt hat")....
Für Dörte, die Enkelin von Charlotte und "zwangseingewiesen" bei Oma, um der Kasernierung in einem Internat zu entgehen, sind die 4 Alten nur "Krähen", da Johanna jedoch feine Ohren besitzt, hört sie dies und nennt sie fortan "Kröte" ;)

Fazit:

Eine solch herzerfrischende Geschichte um das Thema "Alter", in der in einem furiosen Ende so manche Wahrheit nicht nur gedacht, sondern von den 4 alten Damen auch ausgesprochen wird, auch über eigene Fehler und Unzulänglichkeiten "moniert" wird, gibt es sehr selten: Der Schreibstil von Silvia Bovenschen und ihr Sprachwitz haben mir sehr gefallen und ich vergebe für diesen  irrwitzigen literarischen Ausflug in die weiße Villa 5 verdiente Sterne und werde mit Sicherheit auch die anderen Bücher der Autorin noch lesen: Wer Freude daran hat, einem eher schwierigen Thema mit Ironie und Witz sowie einer gewissen Leichtigkeit zu begegnen, dem kann ich dieses Buch nur sehr empfehlen!