Rezension

Oma Else und die Neugier

Oma Else kann's nicht lassen - Thomas Letocha

Oma Else kann's nicht lassen
von Thomas Letocha

Oma Else, die zwar nie Kinder hatte und schon gar keine Enkelkinder, wird wegen ihres Alters und ihrer grauen Haare so genannt.
Gerade erst ist sie Witwe geworden und weiß nun auch nicht so richtig, was sie tun soll, nie war sie allein, alles tat sie bislang mit ihrem Mann Robert. Als sie nun auch noch alte Briefe findet, die ihre beste Freundin Elisabeth an ihren Mann geschrieben hatte, ist es mit der Freundschaft zu ihrer Freundin auch vorbei.

Da erhält sie eines Tages einen Brief, der versehentlich in ihrem Briefkasten landete. Er war nicht an sie adressiert, aber das hinderte sie nicht, ihn zu öffnen und zu lesen. Am nächsten Tag passierte es wieder, ebenfalls ein fremder Brief in ihrem Kasten, den sie natürlich auch gelesen hat. Sie ist aber so fair und verteilt die Briefe an die jeweiligen Adressaten.
Nun ist Oma Else auf den Geschmack gekommen und geht regelrecht auf die Suche nach Briefen, die sie lesen kann.
Bis sie eines Tages einen Brief in Händen hält, der sie zum Handeln zwingt, aber wie soll sie das tun, denn zufälligerweise flog der Umschlag auf Nimmerwiedersehen davon und sie hat keine Ahnung, wer der Absender war. Um ein Unglück zu verhindern, stürzt sich Oma Else von ein Abenteuer ins nächste.

Ein herrliches Buch von Thomas Letocha, bei dem die Protagonistin mal nicht jünger ist, sondern bereits 81 Jahre. Wenn man nun denkt, na was kann eine so alte Frau schon aufregendes erleben, der sollte definitiv das Buch lesen, denn mit 81 Jahren scheint noch eine ganze Menge an Energie vorhanden zu sein. Oma Else bringt auf alle Fälle jede Menge Energie auf, sei es anfangs auch nur kriminelle Energie, indem sie sich fremder Briefe bemächtigt.

Nachdem sie aber nun von einer Selbstmordabsicht gelesen hat, kommt sie in die Gänge und versucht dies auf jeden Fall zu verhindern, was sie in manch prekäre Situation bringt.
Irrungen, Wirrungen und Verwicklungen, der Autor lässt nichts aus, um aus dem langweiligen und einsamen Leben von Else ein mutiges und abenteuerliches zu gestalten. 
Zwischendurch geht ein wenig die Fantasie mit Oma Else durch, das vor allem in ihren Tagträumen, die sie mittels eines kurzen schlagartigen Blitznickerchen überfallen.

Das Buch beginnt schon in einer skurrilen Situation ... Oma Else steht auf einem Dach und das kurz vor dem Abgrund. Bevor sie springt, lässt sie den Leser daran teilhaben, wie sie in diese verrückte Situation gekommen ist, beginnend beim Tod ihres Mannes Robert.

Bei diesem Buch gelingt es dem Leser hervorragend, das Kopfkino laufen zu lassen. Kurioserweise hatte ich Gene Wilder von "Die Frau in Rot" im Kopf, wie er auf dem einem Vorsprung steht und auch Rückblick hält. Wenn er auch nicht wie 81 Jahre aussieht, so hat Oma Else schon optisch Ähnlichkeit mit ihm.

Oma Else ist eine sympathische Protagonistin, die man schnell ins Herz schließt. Auch wenn es meines Erachtens einige Zufälle zu viel sind, bleibt der Spaß beim Lesen nicht aus.
Warum nicht auch einmal eine ältere Protagonistin in einem Buch begleiten? Ich habe es genossen, bei den Abenteuern von Oma Else dabei sein dürfen und hatte meinen Spaß mit der rüstigen Rentnerin.