Rezension

Originell und fesselnd

Entführung mit Jagdleopard - Kirsten Boie

Entführung mit Jagdleopard
von Kirsten Boie

 

Die knapp 10jährige Jamie-Lee hat einen ausgeprägten Sinn für Hilfsbereitschaft und beschließt, gemeinsam mit ihrer Freundin Ebru „unbedingt etwas Großes zu vollbringen“   –  doch aufregende Ereignisse völlig anderer Art hindern sie vorerst daran.

Gewohnt, meistens selbst für sich sorgen zu müssen, lebt sie zusammen mit ihrem fünf Jahre älteren  Bruder Baron Chuck und ihrer meist betrunkenen Mutter in einem Problemviertel ihrer Stadt.

Als eines Tages die noch junge Oma, frisch verliebt, mit ihrem Freund nach Polen reisen möchte und sich daher eine Zeit lang nicht um Tochter und Enkel kümmern kann, lassen sie kurz entschlossen Jamie-Lees Mutter zum Entzug in ein Heim einliefern. Aber nun beginnen die Probleme des Kindes erst richtig. Da sie ein sehr  mitfühlendes Herz hat, nimmt sie ein weinendes Mädchen bei sich auf. Fee stellt sich als Millionärstochter heraus, die bereits ganz offiziell gesucht wird. Dann gibt sie auch noch dem Obdachlosen Herrn Wildeck und seinem gebrechlichen Jagdleoparden Kröger vorübergehend eine Bleibe. Für die Polizei sieht Fees Verschwinden allerdings nach einer Entführung aus, und  alle Beteiligten geraten in arge Bedrängnis …

Die Autorin zieht den jungen Leser mitten hinein in ein turbulentes Abenteuer, das sich beinahe zum Krimi entwickelt. Vor dem Hintergrund massiver sozialer Probleme schildert Kirsten Boie die packende Geschichte eines Kindes, dessen Hilfsbereitschaft es selbst in die Bredouille bringt. Boies Kunstgriff, Jamie-Lee in ihrer ganz persönlichen Ausdrucksweise zu Wort kommen zu lassen, lässt ihre Protagonistin natürlich und überzeugend wirken. Die aus kindlicher Sicht erzählten Geschehnisse sind von erfrischender Offenheit. Auch der krasse soziale Gegensatz zwischen Jamie-Lee und Fee und ihrem jeweiligen Hintergrund wird schon durch die unterschiedliche Sprache der Kinder gut herausgestellt.

Der Autorin, die bereits mit mehreren Kinder- und Jugendbuchpreisen ausgezeichnet worden ist, ist es hier wunderbar gelungen, schwierige, problematische Themen wie Armut, Alkoholismus oder Obdachlosigkeit in eine spannende, mitreißende Geschichte zu verpacken. Dennoch  -  trotz all der sozialen Brisanz überwiegt ein heiterer, positiver Ton; Jamie-Lees Optimismus ist geradezu ansteckend.

Die authentisch geschilderten Charaktere, die rasant ablaufenden, fast aberwitzigen Ereignisse und der optimistische, aber realistische Schluss machen das Buch zu einem echten Lesevergnügen mit nachdenklichem Hintergrund.