Rezension

Packend, überraschend und beängstigend - ein gelungenes Thriller-Debüt

Kaltes Verlangen - Natalie Tielcke

Kaltes Verlangen
von Natalie Tielcke

Bewertet mit 4 Sternen

Kim ist hochintelligent, hat aber psychisch einen echten Knacks. Sie beobachtet gerne Menschen, allerdings nicht verstohlen im Café, sondern hochprofessionell als hartnäckige Stalkerin.
Sie folgt ihren Opfern nach Hause, schaut durchs Fenster und scheut auch nicht vor kriminellen Machenschaften zurück.
Kims neuestes Objekt der Begierde ist Max, der, passend zu Kims Störung, Psychologe ist. Aber er kann sie nicht heilen, ganz im Gegenteil multipliziert er ihr Bedürfnis nach Nähe auf seine eigene Weise.

Für mich ist das Buch in zwei Abschnitte zu unterteilen. Im ersten Teil ist es das Psychogramm einer Stalkerin, das einen gelegentlich kopfschüttelnd über den Wahnsinn im Kopf der Protagonistin nachdenken lässt. Dann aber, und da wird es super spannend, bekommt die Geschichte eine Wahnsinns-Wendung und ein fulminantes Ende.

Kim ist als Charakter großartig ausgearbeitet - die Mischung aus Intelligenz und Soziopathie ist wunderbar durchgezogen und beängstigend zugleich. Kim ordnet ihr ganzes Leben ihrer Stalking-Leidenschaft unter, an jedes Detail hat die Autorin gedacht.
Packend ist die Stimmung, die Natalie Tielcke mit ihrem Stil erzeugt. Ein allwissender Erzähler, der jeden kruden Gedanken der Protagonistin so wieder gibt, dass man zuweilen sogar ein gewisses Verständnis für ihren Irrsinn hat.

Wenn ich das nächste Mal bemerke, dass mich im Zug beobachtet werde, kann ich nur hoffen, dass es nicht jemand wie Kim ist...