Rezension

Parodie einer Superheldenfigur - im noch geteilten Deutschland

Zorro Vela - Norbert Zähringer

Zorro Vela
von Norbert Zähringer

Bewertet mit 3 Sternen

Renés Vater ist Oberst der Grenztruppen der DDR und der Junge ahnt, dass seine Klassenkameraden nur aus Respekt vor seinem Vater über Renés Witze lachen. Da der Genosse Major Reinhardt einen Schwung beschlagnahmte Comics und Romanhefte mit nachhause gebracht hat, deren Einfuhr in die DDR verboten war, ist René bestens mit Superheldenfiguren vertraut. So nennt sich der außerirdische Onari vom Planeten Oneiros, der in Gestalt eines Raben an Renés Fenster klopft, passenderweise Zorro Vela, um René zur Zusammenarbeit zu werben. Zorros Mission: er will gemeinsam mit mehreren Kindern aus Ost und West die Erde vor einer üblen Bande von Außerirdischen retten. Zorro ist Gestaltwandler, eine Fähigkeit, die alles andere als ein Traumjob sein muss. Man kann in einer Gestalt steckenbleiben, wenn man sie nicht schnell genug wieder abstreift, und dann mit dem erreichten Status unzufrieden sein. Wer möchte schon gern eine Kakerlake sein oder eine Schildkröte, deren Umwandlungsprozess noch Jahrzehnte dauern wird? Aber da sich Gestaltwandler eigentlich nur verbessern können, sind die Onari begierig darauf, sich zu verwandeln.

Als Zorro zum ersten Mal im geteilten Deutschland des Jahres 1989 landet, trifft er mitten auf den sauber geharkten und mit Flutlicht ausgeleuchteten Todestreifen zwischen Ost und West. Außerordentlich gesprächig erzählt er von seiner Mission, die er selbst reichlich seltsam findet. Als Leser kann man sich ganz nebenbei Gedanken darüber machen, warum der Begriff Außerirdische nur in einer Richtung angewendet wird - von anderen Planeten aus gesehen müssen wir Erdlinge ebenfalls sehr sonderbar wirken. Die Kinder der Gruppe geraten in Kontakt mit allerlei technischem Schnickschnack, müssen sich aber auch damit auseinandersetzen, wer im Ost-West-Konflikt eigentlich der Feind wäre, falls die DDR und die BRD beide angegriffen würden. Bei Reinhardts privat kommt - sehr verhalten - sogar das Thema Schießbefehl auf den Tisch. Norbert Zähringer versucht den Kalten Krieg mit dem Bild aufgestellter Domino-Steine zu vermitteln, bei denen ein einzelner Stein eine ganze Halle voller anderer Steine umwerfen kann. Die Orientierung, wer wen abhört und was die Amerikaner und die Russen damit zu tun haben, liefert das Buch nicht. Für die Zielgruppe 10-Jähriger hat es durchaus einige Längen, deren Sinn für die Handlung sich mir nicht erschließen konnte.

Die deutsche Teilung in aller Konsequenz mit Schießbefehl, Gefängnisstrafen für Republikflucht und Zwangsadoption der Kinder Republikflüchtiger kann das Buch nicht vermitteln. Es parodiert jedoch gekonnt eine Superheldenfigur und trifft den Humor-Level 10-Jähriger, vorausgesetzt, sie lassen sich vom Thema Außerirdische noch fesseln.