Rezension

Poetische Geschichte

Der Fluss - Michael Neale

Der Fluss
von Michael Neale

Bewertet mit 5 Sternen

„…Denk immer daran, du bist etwas Besonderes und ein einmaliges Kunstwerk. Dich gibt es nicht noch einmal. Du bereicherst die Welt und wirst geliebt…“

 

Wir schreiben das Jahr 1956. Der fünfjährige Gabriel lebt bei seinem Vater in Colorado. Heute wartet ein besonderes Erlebnis auf ihn. Sein Vater, der Leiter des Wildwasser-Abenteuercamps, will ihm eine besondere Aussicht über dem Fluss zeigen. Doch der Tag der Freude wird zum Tag der Trauer. Kaum angekommen, rettet der Vater einem jungen Kajakfahrer das Leben und stirbt dabei selbst im eiskalten Wasser.

Gabriel kommt zu seiner Mutter nach Kansas. Sein Leben hat sich von einem Augenblick auf den anderen völlig geändert.

Der Autor hat einen beeindruckenden und emotional berührenden Roman geschrieben.

Die Geschichte des Gabriel Clarke wird von einem Unbekannten erzählt. Ein kurzer Zwischenstopp auf einem Flughafen war der Ausganspunkt dafür.  Darin besteht die Rahmenhandlung zum eigentlichen Geschehen.

In poetischen Bildern wird die Schönheit der Natur, aber auch die Kraft und Macht des Flusses beschrieben. Es braucht Zeit, bis Gabriel erkennt, dass seine Zukunft am Fluss liegt. In der Dunkelheit seiner Trauer gibt es ab und an zarte Lichtblicke. Obiges Zitat stammt von der Glückwunschkarte einer seiner Lehrerinnen.

An seinen schlechten Tagen zieht sich Gabriel in die Einsamkeit zurück. Dann dringt nicht einmal die Mutter zu ihm durch. Ein Glas voller Murmeln ist das Symbol für die Erinnerung an den Vater.

Eine Reise mit Jugendlichen nach Colorado bringt die Wende.

Das Buch erzählt von Trauer und Neubeginn, von Vergeben und Liebe, von der Suche nach dem eigenen Lebensweg.

Der christliche Glaube wird nur an wenigen Stellen behutsam thematisiert. Und doch spüre ich als Leser unbewusst an vielen Stellen, wie Gott Gabriel begegnet ist.  Dazu hat er Menschen in seine Hand genommen und ihm die Begegnung mit Tieren geschenkt. Gabriel begreift, dass ihn sein Vater nie verlassen hat, dass er aber in einem entscheidenden Moment sein Leben für einen anderen gegeben hat.

Das Buch lässt sich zügig lesen. Allerdings gibt es Sätze, die habe ich zweimal gelesen, um sie nachklingen zu lassen. Der poetische und leise Sprachstil gibt dem Buch eine besondere Eindringlichkeit.

Das Cover zeigt nicht nur den strömenden Fluss als Sinnbild des Lebens, sondern auch die aufgehende Sonne als Zeichen der Hoffnung.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Dazu beigetragen hat die Handlung, die voll innerer Spannung war, die Sprache voller Metapher und treffender Bilder und die Botschaft, die sich erst beim Lesen nach und nach erschließt.