Rezension

Poetische Geschichte

Maschas Geheimnis - Bernhard Meuser

Maschas Geheimnis
von Bernhard Meuser

Bewertet mit 5 Sternen

„...Und Mascha sah zwischen den Säulen der Erde Fische schwimmen, hörte das Flittern leichter Schwärme und ihr silbriges Glänzen, hörte, wie sie schwammen über versunkenen Gärten, Gärten aus Musik, die da aus Tinte und Aquamarin auftauchten und auf zum Licht strebten...“

 

Mascha findet am Strand eine Muschel. Sie hält sie ans Ohr. Das Geräusch der Muschel formt sich zu Bildern; es sind Bilder des Untergangs der Stadt Vineta.

Der Autor hat ein sehr poetischen Buch geschrieben. Die Geschichte liest sich wie eine Sage oder ein Gleichnis. Im Mittelpunkt steht Mascha. Die junge Frau hat ein sehr feines Gehör, da sie auf Grund einer Augenentzündung erst spät sehen konnte. Und sie hat ein feines Gespür dafür, was Recht und Unrecht ist.

Ihr Vater gehört zum alten Adel der Stadt. Doch eine neue Schicht strebt nach der Macht. Sie nennen sich die Geometer. Eine Hochzeit soll das Bündnis zwischen den Gruppen besiegeln. Mascha war als Braut auserkoren. Aber sie weigert sich, sich verschachern zu lassen. Nun heiratet ihre Schwester Petrona Hankin, den Sohn des Obersten der Geometer. Mascha aber hat die Liebe gefunden, eine Liebe, die es nicht geben darf. Farin, ein Fischer aus Ramin, hat sie mit seinem Spiel bezaubert. Zwischen Vineta und Ramin aber herrscht Feindschaft.

Das Buch erzählt eine Geschichte des Untergangs. Alte Werte werden ignoriert. Macht und Geldgier ersticken die Gefühle. Nur wenige bäumen sich auf, andere, wie Maschas Vater, resignieren. Die meisten aber biedern sich den neuen Herren an.

Das Besondere am Buch ist der romantische Sprachstil. Obiges Zitat zeigt, wie gekonnt der Autor mit Metaphern und Adjektiven umgehen kann. Fein herausgearbeitet Dialoge bringen das Geschehen auf den Punkt. Zu den sprachlichen Höhepunkten gehört Maschas Liebesbrief. Sie spricht von einer Liebe, die alles gibt, aber nichts fordert, sondern den anderen die freie Entscheidung lässt. An vielen Stellen werden philosophische Fragen kurz angerissen. So geht es um den Zusammenhang und die Wechselbeziehung von Täter und Opfer. Das sind stellen, die zum Nachdenken anregen. Der Autor versteht es, die innere Spannung der Handlung gekonnt zu steigern. Für mich als Leser wird es von Seite zu Seite immer deutlicher, dass der Ort auf eine selbstgemachte Katastrophe zusteuert.

Das in Grün gehaltene Cover mit der farbenfrohen Muschel als Hingucker sieht ansprechend aus.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Das lag zum einen an der märchenhaften Sprache, zum anderen an den inhaltsreichen Geschehen mit wertvollen Gedanken. Wenn Besitz und Macht die Gefühle tötet, dann ist eine Gesellschaft nicht überlebensfähig.