Rezension

Poetische Novelle...

Schweigeminute - Siegfried Lenz

Schweigeminute
von Siegfried Lenz

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ein paar Gesten, Blicke, eine unabsichtliche Berührung - das genügt, um den Funken zwischen Stella Petersen und ihrem Schüler Christian zu entzünden. Ihre heimliche Liebe dauert nur einen Sommer lang: Die junge Lehrerin kommt bei einem Segelunfall ums Leben. Während bei der Trauerfeier in der Aula ehrende Worte gesprochen werden, starrt Christian auf ihr Foto und erinnert sich.

Ein Sommer in einer Kleinstadt an der Ostsee. Die Englischlehrerin Stella Petersen und ihr Schüler Christian sind ein Liebespaar - bis Stella bei einem Bootsunfall tödlich verunglückt. Während einer Gedenkfeier in der Aula blickt Christian zurück auf diese heimliche Liebesbeziehung, die nur einen Sommer dauerte, aber Christian für sein ganzes Leben verändern wird.
Behutsam und mit meisterhaftem Einfühlungsvermögen erzählt Siegfried Lenz, wie die Lehrerin und ihr Schüler sich allmähhlich näherkommen. Das eigentlich skandalträchtige Thema einer Liebesbeziehung, die nicht sein darf, wird bei ihm zu einer zeitlos schönen und poetischen Novelle über die Unzerstörbarkeit einer Liebe, die selbst dem Tod trotzt...

Erzählt wird diese Geschichte eines Sommers auf unterschiedlichen Erzählebenen. Ausgehend von der Trauerfeier in der Aula, schweifen die Gedanken Christians, der als Ich-Erzähler fungiert, immer wieder ab, was in Form von szenenhaften Rückblenden geschieht. In häufig langen, verschachtelten Sätzen, mit einer kraftvollen und doch poetischen Sprache erschafft Siegfried Lenz szenenhafte Bilder, die sich allmählich zu einem bewegenden Alltagsdrama verdichten.
Durch den inneren Monolog des jungen Schülers wird eine Figur lebendig, mit der der Leser mitfühlen und das Erblühen der zarten Liebe und deren jähes Ende nachvollziehbar werden lässt. Und doch geht die Liebe über den Tod hinaus: "...alles, was Erinnerung aufgehoben hat, wird dann wiederkehren. Was Vergangenheit ist, ist dennoch geschehen und wird fortdauern, und begleitet von Schmerz und einer zugehörigen Angst werde ich versuchen, das zu finden, was unwiederbringlich ist..." (S. 122).

Eine poetische Novelle, die mit einer diskreten, erhabenen Sinnlichkeit und einem großen Einfühlungsvermögen des Schriftstellers zu überzeugen weiß.

 

© Parden